Rezension

Beeindruckend! Tiefgründig und schonungslos.

Schicksal -

Schicksal
von Zeruya Shalev

Bewertet mit 5 Sternen

Ein Hörerlebnis der besonderen Art. Eine Geschichte, die mir lange im Gedächtnis bleiben wird.

Klappentext beschreibt die Eckpunkte sehr gut.

Wie in vielen literarischen Werken liegt hier der Schwerpunkt nicht auf der Handlung. Vielmehr lebt das Ganze von der Beschreibung. Die Gedanken, Gefühle, Befürchtungen, Vermutungen beider Frauen wurden detailliert dargelegt. Das Leben von Rachel bietet mehr Geschehen. Es war interessant, mehr über das Leben der Kämpferin und ihr damaliges Leben zu erfahren. Atara ist ein ganz anderer Typ. Sehr impulsiv, handelt oft intuitiv, sie ist so sehr Frau.

Manchmal erschienen die Übergänge so fließend, dass es schwierig zu unterscheiden war, bei welcher Frau man gerade verweilte. Nach und nach kam die Vermutung, dass dies als ein Kunstgriff zu begreifen war, der die Parallelen zwischen diesen zwei sehr unterschiedlichen Frauen sichtbar machte.

Mit Parallelen wurde hier aktiv gearbeitet. So konnte man diese zwei Frauen vergleichen. Die eine kämpfte selbstvergessen für die bessere Welt, die andere gehört der späteren, heutigen Generation und müsste die Früchte der Arbeit der „Vorkämpferin“ normalerweise genießen. Aber nach Genuss sieht ihr Leben kaum aus. Die große Liebe artete in endlose und oft sinnfreie Streitereien aus. Und nichts war, wie es von den Idealisten der früheren Generation angedacht wurde.

Auch diese Offenheit, mit der die gegenwärtige Generation ihr Leben bewertet, diese Gnadenlosigkeit, mit der die Figuren über ihr Land, seine politische Lage und das Leben darin sprechen, fand ich schon beeindruckend. In dieser Hinsicht erinnerte es mich an Arnon Grünbergs neustes Buch „Besetzte Gebiete“.

Der Schluss ist schon überraschend, in vielerlei Hinsicht. „Die Lösung“/ Pointe liegt nicht auf der Hand, erfordert geistige Arbeit.

Es ist kein Roman, den man eben schnell in einem Zug durchhört. Es hat reichlich Gehalt, es bietet viel Stoff zum Nachdenken, Nachempfinden. Pausen gehören unbedingt dazu.

Die Erzählerinnen Maria Schrader, Eva Meckbach haben wunderbar gelesen. Besonders die Charaktere der beiden Frauen, ihre emotionalen Zustände uvm. wurden prima ausgearbeitet, wie auch die anderen Figuren, und den Hörern nähergebracht. Eine großartige Darbietung.

Ich freue mich, so eine hochtalentierte Autorin wie Zeruya Shalev auf diesem Wege kennengelernt zu haben.

Gern vergebe ich 5 Sterne und eine Hörempfehlung.