Rezension

Beeindruckender und berührender Debütroman der Spitzenklasse

Irmas Enkel
von Leandra Moor

Bewertet mit 5 Sternen

Das in sepiafarben gehaltene Cover eines alten Familienfotos ist außergewöhnlich und lässt ahnen, worum es in diesem Roman geht, eine Familiengeschichte, geprägt von zwei Weltkriegen und beeindruckenden Frauen, die Stärke zeigen aber auch unabänderliches pragmatisch hinnehmen, ein „Dreigenerationenbild“, auf dem die Männer fehlen.

Der Roman ist autobiografisch und erzählt die Familiengeschichte der Autorin.

„Irmas Enkel“ erzählt berührend, beschönigt nicht und spiegelt damit sehr eindrucksvoll verschiedene Weltkriegsabschnitte wider, von Frauen, die die durch den Einzug der Männern in die Kriege der Familie Halt geben mussten, die Flucht und Vertreibung erlebten, die stark sein mussten für ihre Kinder, die ertrugen und trotz oder gerade deshalb auch funktionieren mussten. Frauen, die sich ihre Schicksale nicht selbst gewählt hatten, die sich den damaligen Gegebenheiten anpassten und auch anpassen mussten, um nicht unterzugehen.

Die vieles mit sich selbst ausmachten, ohne auf Hilfe hoffen zu dürfen, sie fraßen in sich hinein und bauten eine Mauer des Schweigens auf, eine Mauer, die weitergegeben wurde an die nächste Generation. Dieses Schweigen, nicht über das Erlebte sprechen zu können, die tiefen Verletzungen der Psyche durch schreckliche Kriegs- und Fluchterlebnisse, die oft unbewusste Wirkung solcher Traumata bis ins Erwachsenenalter hinein ist das Sinnbilder zweier Weltkriege, Frauen verloren Männer und Söhne und Großmütter Enkel und sie schwiegen über ihre Ängste, manchmal aus Scham manchmal aber auch, weil politische Systeme diese Themen tabuisierten.

Es ist ein Roman, der aufrüttelt und der uns, der nun nächsten Generation,  ein Verständnis dafür vermittelt, warum wir teilweise so wenig von unserer eigenen Familiengeschichte wissen und auch zu der Erkenntnis, dass die Geschichte unserer Vorfahren unter Umständen auch unser eigenes Leben beeinflusst, wir vielleicht nicht mehr alles erfahren können, aber die Möglichkeit haben, uns bewusst damit auseinanderzusetzen.