Beeindruckendes Debüt
Bewertet mit 5 Sternen
Der jungen, in Ghana geborenen Autorin Yaa Gyasi ist mit " Heimkehren" ein beeindruckendes und berührendes Debüt gelungen. Anhand von Lebensgeschichten einer weit verzweigten Familie - den Ausgang bilden zwei Schwestern aus Ghana, die einander nie kennenlernen- komponiert Gyasi einen emotionalen Flickenteppich aus den Schicksalen, der unter dem Unrecht der Sklaverei und ihrer Folgen leidenden farbigen Protagonisten. Das Erschütterndste an diesem Buch, ist die Erkenntnis, dass das furchtbare Unrecht des Sklavenhandels bis in die heutige Zeit wirkt. Je zwei Person jeder Generation der betroffenen Familien, die symptomatisch für ihre Zeit stehen, widmet Gyasi die Kapitel, und stellt damit die Personen, die in Afrika geblieben sind, den Personen, die in die USA verkauft wurden, gegenüber. Das Wunderbare daran ist, dass jedes Kapitel eine ganze Welt, einen ganzen Lebensentwurf umfasst und uns Lesern, trotz der Kürze, jeden Protagonisten staunend und bewegt begleiten lässt. In einer poetischen, teilweise märchenhaften Sprache, gelingt Gyasi ein spektakulärer Aufbau ihrer tief empfundenen Miniaturen, die sie am Ende so kunstvoll verknüpft. Acht Generationen umspannt dieser erstaunliche Roman, der so konträr zu sonstigen epischen Familienromanen ist und damit ein Meisterwerk. Was alle Personen dieses Buches eint, ist Liebe. Liebe zu Partnern, Eltern, Kindern, zum Leben an sich. Gyasis Roman ist durchdrungen von dem Gefühl, dass Liebe alles im Leben ist. So heißt es:" Und so blieb die Familie zusammen in der Hoffnung, dass die Gegenwart der anderen die Wunden heilen würde, die ihr persönlicher Krieg geschlagen hatte." Manchmal erinnert Gyasis Prosa an Toni Morrison, jedoch mit völlig eigenständigem Stil. Sie bringt es fertig, nicht zu werten, obwohl ihr Roman die große Frage der Schuld aufwirft. Nicht nur die weißen Männer, die den Sklavenhandel betrieben, haben sich schuldig gemacht und ein bis heute andauerndes Leid über eine Gruppe von Menschen gebracht, nein, auch die eigenen Landsleute der versklavten Afrikaner, haben sich daran beteiligt. Bleibt die Linie der einen Schwester, Effia, auf dem afrikanischen Kontinent, so bringt das Schicksal die Linie von Esi, der anderen Schwester, in die USA. Welches Fatum schlimmer ist, bleibt dem Urteil des Lesers überlassen. "Heimkehren" ist ein weises Buch, das trotz aller Schrecken, die in ihm beschrieben werden, glücklich und dankbar macht, ein Buch, das klug, mitreißend und tief erschütternd ist. Lesen!