Rezension

Beeindruckendes Dokument einer düsteren Zeit des 20. Jahrhunderts

Die Menschheit hat den Verstand verloren
von Astrid Lindgren

Bewertet mit 5 Sternen

Die schwedische Schriftstellerin Astrid Lindgren führte in den Jahren des 2. Weltkrieges Tagebuch. Als ausgebildete Sekretärin arbeitete sie seit 1940 in der Abteilung für Briefzensur des schwedischen Nachrichtendienstes, und bekam so auch aus anderen Blickwinkeln einen Einblick in das Kriegsgeschehen und die Auswirkungen auf die Bevölkerungen der einzelnen Länder. In diese Jahre fiel auch der Beginn ihrer schriftstellerischen Tätigkeit. Im vorliegenden Buch wurden die Tagebucheinträge veröffentlicht, und geben so dem Leser ebenfalls einen Einblick in diese Zeit.

Astrid Lindgren ist natürlich als Schriftstellerin ein feststehender Begriff. Und alleine wegen der (wenigen) Aufzeichnungen zu ihren schreibenden Anfängen lohnt sich die Lektüre der Tagebücher. Ich selber fand das Buch aber auch aus anderen Gründen sehr berührend. Es ist nicht nur die Dokumentation des täglichen Lebens einer gutbürgerlichen schwedischen Familie während der Kriegsjahre – wobei Schweden nicht selber aktiv am Kriegsgeschehen beteiligt war. Interessant sind auch die vielen gesammelten Informationen aus den schwedischen Medien über die Zustände in anderen Ländern. Und natürlich auch das, was Astrid Lindgren in ihrer beruflichen Tätigkeit aus den geöffneten Briefen aus dem Ausland erfährt, und teilweise wortgetreu wiedergegeben hat. Auch wenn nach Aussage ihrer Tochter die Schriftstellerin nicht politisch gebildet war, zeigt sich, dass sie eine intelligente und interessierte Frau war, die mit offenen Augen durch das Leben ging und sich selber ihre – oft auch kritische – Meinung bildete. Ein Muss für Fans der Schriftstellerin, aber auch für geschichtlich interessierte Leser.