Rezension

Beeindruckendes grafisches Gesamtkunstwerk

Treiben lassen -

Treiben lassen
von Peter van den Ende

Bewertet mit 5 Sternen

An Bord eines großen Segelschiffes wird ein Papierbot gefaltet und auf dem Ozean ausgesetzt. Nun beginnt eine abenteuerlich Reise in sehr fantasievollen, großen Bildern ganz ohne Worte.

Ein sorgfältig gefaltetes Papierschiffchen wird mitten auf dem Ozean ins Wasser gesetzt. Begleitet von zahlreichen Möwen schaukelt das winzige Papierboot im strahlenden Sonnenschein sanft über die Wellen. Angezogen von dem leuchtend weißen Papier bestaunen die unterschiedlichsten Meeresbewohner das treibende Objekt und beobachten es skeptisch oder neugierig. Seite für Seite verändern sich Flora und Fauna. Je tiefer das Boot in die unendlich anmutenden Weiten des Ozeans vordringt umso mystischer werden die Wesen welche sich in den Schatten verbergen. Neben beeindruckenden Naturschauspielen, neugierigen Meeresbewohnern und geheimnisvollen Wesen erlebt das Papierboot aber auch gefährliche Abenteuer.

Dem Autor ist es gelungen nicht nur die Einzigartigkeit der Ozeane perfekt in Szene zu setzen, sondern auch Umweltverschmutzung und Ausbeutung der Meere bildlich festzuhalten. So begegnen dem winzigen Boot riesige Stahlschiffe, welche die Wellen unter dichten, schwarzen Abgaswolken durchpflügen, an ihren seitlichen Auslegern hängen lange Netze prall gefüllt mit Fischen. Etwas später treibt das Papierschiffchen auf schwarzem Wasser, umgeben von toten Fischen und vom Himmel fallenden, sterbenden Möwen auf eine Bohrinsel zu, aus deren Schornsteinen undurchdringliche schwarze Rauchwolken aufsteigen. Sandbänke voller Wohlstandsmüll, Schrottberge unter Wasser stehen im krassen Gegensatz zu lumineszierenden Quallen oder der strahlenden Schönheit von Nordlichtern.

Am Ende treibt das Boot in einen ruhigen Hafen und legt an einer Mauer an. Aus den Tiefen des weißen Papiers materialisiert sich langsam ein geheimnisvoller Passagier.

In den beeindruckenden Illustrationen wird eine interessante Geschichte ganz ohne vorgegebene Worte erzählt. So sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt und jeder kann sich durch seine eigene Geschichte treiben lassen.

Die Bildergeschichte beginnt und endet in den Umschlagsseiten. In der vorderen Umschlagseite findet man doppelseitig und vollflächig eine angeschnittene Weltkarte. Der Punkt an welchem das Papierboot ausgesetzt wird ist deutlich mit einem Schiffchen markiert. Auf der hinteren Umschlagseite findet sich die gleiche Karte, allerdings wurde hier der Weg des Bootes über die Ozeane mit einer gepunkteten Linie gekennzeichnet. Einige Reisebekanntschaften bzw. –stationen wurden ebenfalls mit kleinen Bildern festgehalten. Mit den Karten findet man sehr schnell einen Gesprächseinstieg beim Vorlesen oder Präsentieren des Buches.

Dieses bemerkenswerte Werk eignet sich sehr gut für den Einsatz im Unterricht z.B. als Inspiration in Kunst, Gesprächsanlass in Ethik oder als Grundlage für freies Erzählen in Deutsch.

Das Buch mit seinen beeindruckenden schwarz-weißen Illustrationen ist ein grafisches Gesamtkunstwerk und für alle Liebhaber visueller Fantasiereisen sehr zu empfehlen.