Rezension

Bei den heiligen Sternen

A Whisper of Stars -

A Whisper of Stars
von Tami Fischer

Bewertet mit 4 Sternen

Ein magisches Abenteuer, dass ich empfehle lieber zu lesen als zu hören.

Alexandra Sagurna hat eine sehr ruhige Art des Erzählens, die mir persönlich fast schon zu ruhig für dieses Buch ist. Sie konnte mich trotzdem gut in diese Welt entführen. Was ich an der Hörbuchfassung bemängeln muss, ist die Tatsache, dass das Buch hierfür um einige Kapitel gekürzt wurde. An einem Punkt der Geschichte tritt eine andere Gruppe neben den Hauptfiguren auf, die in drei kurzen Kapiteln durch einen Perspektivwechsel eingeführt wird. Ohne diese Kapitel, wird der Leser ein wenig plötzlich auf eine Situation gestoßen, die in den fehlenden Teilen thematisiert worden wäre. Ich verstehe, dass es schwierig ist, einen Perspektivwechsel erzählerisch darzustellen, trotzdem fehlt mir hier etwas und das finde ich schade. Da für mich das Hörbuch dadurch etwas weniger gut funktioniert hat, würde ich empfehlen auf eBook oder Print auszuweichen und fasse das selbst für den zweiten Band ins Auge.

Willkommen auf Hawaiki
 

Liv und Finn sind waschechte Inselkinder. Ihre Welt ist in vielerlei Hinsicht äußerst limitiert. Eigentlich kennen die Beiden nichts, außer ihrem kleinen Dorf, denn der ganze Rest der Insel ist heilig und darf daher auf keinen Fall betreten werden! Obwohl die Beiden vieles, an dem die anderen Insulaner festhalten, nicht glauben wollen, lässt sich doch nicht von der Hand weisen, dass hier Dinge existieren, die einen zwangsläufig an Magie glauben lassen. Jeden Tag tauchen neue Schiffe in der Geisterbucht auf, die allesamt verlassen sind und die Inselbewohner mit Rohstoffen, Nahrung und Handelsgütern versorgen.

 

Die sogenannten Springer nehmen die gefährliche Aufgabe wahr, auf die Schiffe zu gelangen um diese Kostbarkeiten zu bergen. Es ist, als würde die Insel selbst das Volk mit allem Nötigen versorgen. Liv und Finn würden sehr gerne zu dieser Truppe gehören, denn auch der damit verbundene soziale Aufstieg wäre eine echte Chance für sie. Die Handelsbeziehungen mit dem Festland, welche ebenfalls von den Springern geleitet werden, wären außerdem die Gelegenheit für die Beiden, diesen Ort endlich zu verlassen. Doch die Erfüllung dieses Traums ist gleich null. Liv ist eine Frau und Finn hat unnatürlich helle Haut. Ihre gegenseitige Verbundenheit, ihr Hang zu waghalsigen Unternehmungen und ihre unstillbare Neugier bringen die Beiden nicht nur in Schwierigkeiten, sondern machen sie auch zu Außenseitern. Kein Wunder also, dass der Wunsch fortzugehen so stark in ihnen ist.

 

Ich liebe es ja immer, wenn die Protagonisten Bücher mögen. Wenn Liv und Finn sich unerlaubterweise auf die gestrandeten Schiffe schleichen, dann suchen sie besonders gerne nach Büchern. Allerdings sind sie die Einzigen auf der Insel, die diese auch tatsächlich lesen. Niemand sonst hat das Bedürfnis einen Roman kennen zu lernen. Man lernt auf Hawaiki tatsächlich nur lesen und schreiben, um die eigene Familiengeschichte festhalten zu können. Liv und Finn finden das todlangweilig.

 

Eines Tages werden die Beiden jedoch von einer unbekannten Macht an einen verborgenen Ort gezogen und ein Fremder taucht auf, der ihnen wirre Geschichten erzählt. Die von ihrem Volk angebeteten Sterne sollen tatsächlich mächtig sein und nicht nur diese Insel erschaffen haben, die angeblich außerhalb der Realität existiert, sondern den Beiden auch noch Kräfte vermacht haben, die jede Vorstellungskraft sprengen. Das hält man ja im Kopf nicht aus! Das Ganze ist einfach zu verrückt. Dennoch könnte es die Gelegenheit sein auf die sie nur gewartet haben, um von hier fort zu kommen. Liv und Finn machen sich auf eine Reise, die sie zu weiteren Geheimnissen und Gefahren führt. Plötzlich trachtet man ihnen nach dem Leben und sie müssen einsehen, dass doch mehr hinter all dem steckt, als sie anfangs dachten. Schnell lernen sie, dass es eine dumme Idee ist, auf die Sterne zu schwören oder sich bei anderen zu bedanken. Denn die Macht der Sterne ist gnadenlos.

 

Sei stark. Sei stolz. Sei mutig.

 

Der Einstieg ins Geschehen fühlte sich ein wenig lang an. Es dauerte, bis die Geschichte Fahrt aufnahm. Im letzten Drittel war die Spannung stärker vertreten und macht Lust auf den zweiten Teil.

Besonders auffällig ist die Sprache von Liv, durch deren Augen wir die Ereignisse erleben. Tami Fischer ist es hier gelungen, ein anderes Glaubenssystem zu entwerfen, was dafür sorgt, dass die Protagonistin in ihrer Alltagssprache eben nicht 'O Gott' ruft, wenn wir das tun würden, sondern eben 'bei den heiligen Sternen'. Obwohl ich das bewundere, ist es mir stellenweise doch auf den Geist gegangen. Das kann allerdings auch gut und gerne damit zusammen hängen, dass ich hier auf das Hörerlebnis angewiesen war und die Worte nicht selbst in meinem Kopf so betonen konnte, wie ich wollte. Die Beziehungen der Figuren untereinander waren sehr schön ausgearbeitet. Die Handlungen sind nachvollziehbar. Die Figuren bringen ein gesundes Maß ans Skepsis und Köpfchen mit und agieren sehr authentisch. Große Themen sind hier die Selbstfindung, Freundschaft, Vertrauen, Misstrauen, Mut, Stärke und Stolz. Die beiden Figuren treten ein sehr interessantes Erbe an und zuweilen fühle ich mich genau wie Liv, wenn es darum geht, die vielen neuen Begriffe auseinander zu halten, mit denen sie sich plötzlich konfrontiert sehen. Sie gehen mit ihrer neuen Rolle sehr verantwortungsbewusst und reif um.