Rezension

Beklemmend mit nachhaltiger Wirkung

Der Circle - Dave Eggers

Der Circle
von Dave Eggers

Bewertet mit 4.5 Sternen

Inhalt / Klappentext:

"Huxleys »Schöne neue Welt« reloaded: Die 24-jährige Mae Holland ist überglück-lich. Sie hat einen Job ergattert in der hippsten Firma der Welt, beim »Circle«, einem freundlichen Internetkonzern mit Sitz in Kalifornien, der die Geschäftsfelder von Google, Apple, Facebook und Twitter geschluckt hat, indem er alle Kunden mit einer einzigen Internetidentität ausstattet, über die einfach alles abgewickelt werden kann. Mit dem Wegfall der Anonymität im Netz – so ein Ziel der »drei Weisen«, die den Konzern leiten – wird es keinen Schmutz mehr geben im Internet und auch keine Kriminalität. Mae stürzt sich voller Begeisterung in diese schöne neue Welt mit ihren lichtdurchfluteten Büros und High-Class-Restaurants, wo Sterneköche kostenlose Mahlzeiten für die Mitarbeiter kreieren, wo internationale Popstars Gratis-Konzerte geben und fast jeden Abend coole Partys gefeiert werden. Sie wird zur Vorzeigemitarbeiterin und treibt den Wahn, alles müsse transparent sein, auf die Spitze. Doch eine Begegnung mit einem mysteriösen Kollegen ändert alles …

Mit seinem neuen Roman »Der Circle« hat Dave Eggers ein packendes Buch über eine bestürzend nahe Zukunft geschrieben, einen Thriller, der uns ganz neu über die Bedeutung von Privatsphäre, Demokratie und Öffentlichkeit nachdenken und den Wunsch aufkommen lässt, die Welt und das Netz mögen uns bitte manchmal vergessen."

 

Meine Meinung:

Dieses Buch habe ich vor einigen Wochen gelesen und die Nachwirkung hält immer noch an, denn ich habe noch oft über das Thema und den Inhalt dieser Story nachgedacht. Es ist zwar eine Utopie, die da geschildert wird, aber wie weit sind wir eigentlich von dieser Szenerie noch entfernt? Seitdem das Leben sich immer mehr und mehr im Netz abspielt, die Menschen freiwillig ihre Privatsphäre aufgeben, Persönliches von sich öffentlich bekannt geben, sind wir bereits auf dem besten Wege zur total gläsernen Gesellschaft.

Der fast allmächtige Arbeitgeber in diesem Buch, die Fa. "Circle" schafft es auf raffinierte Weise, die Angestellten an sich zu binden bis hin zur fast völligen Vereinnahmung der Menschen. Da werden zahlreiche und kostenlose Veranstaltungen sowohl abends als auch an den Wochenenden angeboten und es wird selbstredend erwartet, dass die Belegschaft rege daran teilnimmt. Sollte jemand andere, private Pläne außerhalb der Firma haben, fällt dies unangenehm auf und diejenigen werden gleich zum Vorgesetzten zitiert, wo sie sich für ihr Fehlen zu rechtfertigen haben. Geködert wird da gerne mit besonderen Vorzügen wie kostenlose Krankenversicherungen auch für Familienangehörige, Versorgung mit zahlreichen Produkten in firmeneigenen Geschäften und mit ganz besonderen Events wie kostenlosen Konzerten usw., womit sich die Fima als besonders großzügigen Arbeitgeber präsentiert und jeder nur dankbar sein kann, für diesen zu arbeiten.

Die Arbeitsbelastung ist immens hoch, über sämtliche Tätigkeiten der Angestellten wird genau Statistik geführt und Vorgaben gegeben, welche Ziele zu erreichen sind. Dabei wird der Leistungsdruck immer größer und ständig kommen neue Aufgaben hinzu. Das alles wird selbstverständlich online festgehalten und ist für alle anderen sichtbar, so dass ein ständiger extremer Konkurrenzkampf gefördert wird.

Mae Holland, die Protagonisten im Buch, kommt durch Beziehungen an einen Job beim angesagten "Circle" und wird im Laufe der Geschichte immer weiter in diesen Sog hineingezogen. Sie ist komplett begeistert von dieser hippen Firma und macht alles kritiklos mit.

Im Circle arbeiten die besten Forscher, Informatiker und andere Fachleute, so dass ständig neue innovative Produkte erfunden und auf den Markt gebracht werden. Eines davon ist eine Kamera, die man um den Hals trägt und somit nicht nur seinen Alltag aus der eigenen Perspektive filmt, sondern dies auch gleich online im Netz gezeigt wird. Neben Mae, die schließlich diese Kamera trägt und somit fast gar keine Privatspähre mehr hat, entschließen sich im Laufe der Geschichte auch immer mehr Politiker, dieses Gerät zu tragen. So wollen sie offener und durchschaubarer werden, also dem Volk zeigen, dass sie nichts zu verbergen haben. Manche Aspekte kann man dabei sogar verstehen und auf den ersten Blick gar nicht so schlecht finden. Doch es wird schnell klar, welchen Preis die Menschen dafür bezahlen, wenn man die negativen Auswirkungen auf deren Privatleben betrachtet.

Nicht so gut gefallen hat mir die Rolle des "mysteriösen Kollegen", der Mae immer wieder über den Weg läuft und der schließlich versucht, sie über die Gefahren aufzukären. Das wirkt leider zu angestrengt konstruiert, das hätte man noch besser umsetzen können.

Besonders durch den schnörkellosen, gradlinigen Schreibstil wird diese Geschichte sehr eindringlich, geradezu bedrückend. Das Beängstigende daran ist auch, wie nah wir dieser Realität schon sind. Und dass diese Utopie vielleicht nicht mehr allzuweit von uns entfernt ist. So spannend und interessant die Lektüre auch war, letztlich war ich froh, das Buch ausgelesen zu haben und diese deprimierende, bedrückende Stimmung ein Ende hatte.

Ein Buch also, dass sehr zum Nachdenken anregt und den Leser die eigenen Handlungen vielleicht ein bißchen mehr infrage stellen läßt, wenn es darum geht, wieviel wir von uns freiwillig oder unfreiwillig preisgeben. Besonders der jüngeren Generation, die in diese Situation reinwächst und deshalb vielleicht alles noch kritikloser annimmt, kann ich dieses Buch nur ans Herz legen.

Volle Leseempfehlung von mir!