Rezension

Beklemmende Dystopie, die erst nach und nach ihre bedrückende Wirkung entfaltet

Amor-Trilogie 01. Delirium - Lauren Oliver

Amor-Trilogie 01. Delirium
von Lauren Oliver

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt

 

Stell dir vor, du könntest den Schmerz eines Liebeskummers einfach so abschalten. Oder würdest ihn gar nicht erst empfinden müssen. Ein Leben ohne Leidenschaft, ohne Verlangen, ohne Liebe. Ein Leben, in welchem zu große Gefühle sogar zur Bedrohung werden können.

 

Lena fiebert ungeduldig ihrem achtzehnten Geburtstag entgegen. Dann kann sie endlich operiert werden und läuft nicht mehr Gefahr, sich mit der tödlichsten aller Krankheiten anzustecken: Der Amor Deliria Nervosa. Viel zu sehr fürchtet sie sich davor, so zu enden wie ihre Mutter, die sich unheilbar erkrankt von einer Klippe ins Meer stürzte.
Doch eines Tages lernt sie Alex kennen. Und plötzlich wird sie in eine andere Welt hineingezogen, voller verbotener Musik, Ansichten und Empfindungen. Und tief in ihr spürt sie, dass sie all dies nicht aufgeben, sondern eher sterben will, als sich heilen zu lassen. Denn wie kann das, was sich zwischen Alex und ihr entwickelt, dieses wunderbare Etwas, so falsch sein, dass man dafür wichtige Teile seiner Persönlichkeit einfach völlig aufgibt?

 

 

Meinung

 

Delirium besticht in erster Linie durch seine Idee, die Bevölkerung unter Kontrolle zu halten, indem man ihnen die Fähigkeit nimmt, allzu große Gefühle zu empfinden. Die Atmosphäre, die die Autorin allein durch diese Voraussetzung schafft, hat etwas Schleichendes an sich, wie eine Schlinge, die sich langsam enger zieht. Aus der Sicht der Hauptfigur erschließt sich dem Leser nur langsam die wahre Tragweite der Behandlung. Genau wie Lena begreift man erst Stück für Stück, welche Auswirkungen das anfangs so hoch gelobte Heilmittel wirklich hat. Teilweise sorgt dieses Vorgehen für unnötige Längen in der Geschichte, die einen aus einer eben aufgebauten Spannung reißen. Doch gerade zum Ende hin entwickelt die Story plötzlich eine Sogwirkung, der man sich kaum entziehen kann.

 

Hauptgrund hierfür ist Lenas Verwandlung von einem dem System sehr positiv gegenüberstehenden Teenager zu einer liebenden Rebellin. Ihre Beweggründe sowohl für das eine wie auch das andere Extrem werden glaubhaft und sehr tiefgründig dargestellt. Und dabei ist es nicht bloß die Liebe zu einem Jungen, die sie verändert, eine Tatsache, die mir besonders gut gefallen hat, weil sie die Persönlichkeit des Mädchens umso realistischer und nachvollziehbarer macht.
Dasselbe gilt für andere Protagonisten wie Alex oder Lenas beste Freundin Hana: Sie sind lebendig gestaltet und wachsen einem schnell ans Herz, vor allem da sie mit die einzigen Sympathieträger sind. Denn im Gegensatz zu ihnen bleiben die Erwachsenen, Geheilten blass und manchmal sogar austauschbar, ein Kunstgriff, der einem die Auswirkungen der Operation noch deutlicher vor Augen führt. Allerdings geschieht dies hin und wieder etwas zu plakativ, ein paar Feinheiten mehr hätten manchen Nebenfiguren schon gut getan.
Ein sehr angenehmer, oft poetischer Schreibstil unterstützt zusätzlich die liebevolle und ausführliche Charakterzeichnung Lenas und lässt einen das Buch flüssig lesen.

 

 

Fazit

 

Der erste Band der Amor-Trilogie hat mich am meisten durch seine einfallsreiche Grundidee begeistert: Liebe als Krankheit, die Menschen in den Wahnsinn und die Verzweiflung treibt, muss geheilt werden, um sich nicht unkontrolliert zu verbreiten. Getragen wird diese Idee von einer interessanten und sehr gut durchdachten Heldin und ihrer Entwicklung. Die Story an sich liest sich flüssig und trotz einiger Längen spannend genug, auch aufgrund der ausdrucksstarken und bildreichen Sprache.
Wer romantische Dystopien mag, die mehr als andere die Liebe in den Vordergrund stellen und weniger die physische Gewalt, der wird von Delirium begeistert sein.
Ich selbst bin sehr gespannt auf die Fortsetzung und was sie für Lena bereithalten wird.