Rezension

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Beklemmender Plot

Ein bitterkalter Nachmittag - Gerard Donovan

Ein bitterkalter Nachmittag
von Gerard Donovan

Bewertet mit 3 Sternen

* * * Gerard Donovan - Ein bitterkalter Nachmittag * * *
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Meine Meinung:

Würde ich jemanden verraten, um zu überleben?
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Die Geschichte beginnt an einem bitterkalten Nachmittag im November irgendwo in Europa. Die Nachwirkungen des kürzlichen Bürgerkrieges belasten Land und Menschen.

Ein Mann, Bäcker des Ortes, soll ein Loch auf einem verschneiten Feld schaufeln und tut dies unter erschwerten Bedingungen. Der Boden ist frostig und nicht leicht zu durchdringen. Viel Zeit bleibt ihm für das Ausheben auch nicht. Man fragt sich unwillkürlich, wem diese Schufterei letztendlich dient. Wird dies sein eigenes Grab? Oder das des Mannes direkt neben ihm?

Der Andere hat die Position des Dorflehrers inne. Zeitgleich ist er es auch, der das Schaufeln mit Argusaugen bewacht. Die beiden Männer kennen sich, können sich - so scheint es mir - jedoch nicht sonderlich ausstehen. Die Dialoge münden daher oft in kleineren Streitereien und Wortgefechten. Einzig das dominierende Gefühl von Todesangst erzwingt eine gewisse Intimität zwischen ihnen.  

Im Hintergrund werden Zivilisten von den Soldaten eingesammelt, vor deren Lastwagen umhermanövriert und zum Waldrand gebracht. Dort warten sie in der Eiseskälte darauf, dass der Bäcker mit seiner Arbeit fertig wird. Eine sehr beklemmende Situation, die ich erst einmal sacken lassen und über die ich in Ruhe nachdenken musste.  

Eine Ablenkung vom kriegerischen Schaubild scheint dringend nötig. Und so verwickelt der Lehrer den Bäcker in ein philosophisches Gespräch über die Menschheit, den Sinn des Lebens, über Kriege sowie die Existenz von Gut und Böse. Er wirkt sehr erstaunt über das Wissen des Bäckers, der offenbar sehr belesen ist. Zwei bewaffnete Soldaten, die die Stadt mit belagern, verfolgen das Szenario am Erdloch aus der Nähe. Das Ganze hat etwas Abstraktes an sich. Es erinnert mich an ein größeres Arrangement aus der Stillleben-Malerei.

Nach und nach wird klar, warum sie sich in dieser endzeittypischen Lage befinden. Der Lehrer wirft dem Bäcker vor, das eigene Dorf hinterrücks verraten zu haben und ein Denunziant zu sein. Es entsteht eine Art Befragung, in welcher der Bäcker zum Angeklagten und der Lehrer zum Richter wird. Dass die Grube vor ihnen offensichtlich für viele ihrer Mitmenschen zum Grab wird, ist eine Tatsache, die mir Gänsehaut bereitet. Werden auch sie letztendlich dort landen? Was können sie tun, um dies zu verhindern? Man ist als Leser hin und her gerissen, weil es nicht leicht ist, sich für einen von ihnen zu entscheiden. Wem wünscht man eher das Ableben? Lässt sich das so Pi mal Daumen sagen? Beide zeigen nämlich recht eigenwillige, allerdings auch interessante Charakterzüge.

Am Ende ist das Grab geschaufelt und die Lichter der Lastwagen gehen an ...
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Der Schreibstil ist stellenweise zäh und schleppend. Die Kapitel sind recht kurz gehalten, sodass zahlreiche Gedankenansätze direkt wieder im Nichts verschwinden, weil sie partout nicht reifen können. Dabei habe ich das von solch einem Plot erwartet.
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Das Cover ist hauptsächlich in schwarz-weiß gehalten. Zu sehen ist eine Winterlandschaft. Ein schneebedeckter Weg mit einem Zaun an den Seiten und einem kargen Baum weiter vorne. Ich als Winterkind finde dieses Cover natürlich wunderschön.
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Fazit: Dieser Roman ist wie eine Achterbahnfahrt: Es geht mal hoch hinaus und dann wieder steil hinab. Insgesamt ein ziemlich durchwachsener Plot.
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