Rezension

Belastende Geheimnisse

Hör mir zu, auch wenn ich schweige - Abbie Greaves

Hör mir zu, auch wenn ich schweige
von Abbie Greaves

Bewertet mit 3 Sternen

Sprachlich gelungen, inhaltlich weniger

Seit 40 Jahren sind Professor Frank Hobbs und seine Frau Margot verheiratet. Doch seit einem halben Jahr herrscht Schweigen, denn der 67-Jährige spricht kein Wort mehr mit Maggie, obwohl die beiden nach wie vor unter einem Dach leben und Tisch und Bett teilen. Aus Verzweiflung nimmt die ehemalige Krankenschwester eine Überdosis Schlaftabletten und landet im Krankenhaus von Oxford. Wird sie es schaffen? Was hat Frank vor ihr verborgen? Und was wird er sagen, wenn er erfährt, dass sie selbst Geheimnisse hatte?

„Hör mir zu, auch wenn ich schweige“ ist der Debütroman von Abbie Greaves.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 23 Kapiteln mit einer angenehmen Länge, die von einem Prolog und einem Epilog eingerahmt werden. Zudem ist das Buch in zwei Teile untergliedert: „Ihr Schweigen“ und „Sein Schweigen“. Der erste Teil wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Frank erzählt. Im Prolog und im zweiten Teil gibt es einen auktorialen Erzähler. Im Epilog, der ein Jahr später spielt, wird eine weitere Perspektive eingenommen. Die häufigen Wechsel in Bezug auf Erzählperspektive und -tempus habe ich als störend und unnötig empfunden.

Sprachlich konnte mich der Roman dagegen durchaus überzeugen. Der Stil ist recht bildhaft und anschaulich. Der Roman ist sehr atmosphärisch und geprägt von interessanten Sprachbildern, wobei in der Ausdrucksweise der Charaktere leider nicht differenziert wird. Der Einstieg hat mir sehr gut gefallen.

Die beiden Protagonisten sind für mich ein Manko des Romans. Sowohl Frank als auch Maggie habe ich als immer seltsamer wahrgenommen, je weiter ich gelesen habe. Der Ehemann ist – vor allem in Hinblick auf sein Alter – sehr introvertiert, unsicher, bisweilen etwas naiv und recht stoffelig. Maggie wird als Gegenpol dargestellt. Sie ist selbstbewusster, lebensfroher, optimistischer und geselliger.  Doch auch sie erscheint mir nicht besonders sympathisch. Die beiden blieben mir bis zum Schluss fremd. Ihre Gedanken und Gefühle bringen sie immer wieder zum Ausdruck. Dennoch fiel es mir schwer, ihr Verhalten nachzuvollziehen und mit den Charakteren mitzufühlen.

Anders als der Klappentext vermuten lässt, geht es in der Geschichte um sehr viel mehr als die romantische Liebe. Der Roman ist bedeutend tiefgründiger als erwartet. Der Leser begleitet beide Protagonisten durch ihr gesamtes Leben. So werden beispielsweise eine Fehlgeburt und ungewollte Kinderlosigkeit thematisiert. Im Laufe des Romans treten noch weitere Probleme zutage. Dabei nimmt die Geschichte mehrere Wendungen. Die Frage, welches große Geheimnis Frank mit sich herumträgt, hält die Spannung aufrecht. Darüber hinaus kommen mehrere Lügen und Heimlichtuereien von Maggie zum Vorschein, die die Geschichte ebenfalls kurzweilig machen. Allerdings sind die Enthüllungen für mich nicht immer schlüssig – vor allem angesichts der Tatsache, dass die Protagonisten sich angeblich so sehr lieben. Zudem wirkt das Geschehen oft ziemlich konstruiert und zum Teil übertrieben.

Das reduziert gestaltete Cover trifft meinen Geschmack. Der paradox klingende deutsche Titel weicht stark vom Original („The silent treatment“) ab, ist aber kreativ formuliert.

Mein Fazit:
 „Hör mir zu, auch wenn ich schweige“ von Abbie Greaves ist ein Roman mit einer ungewöhnlichen Geschichte. Sprachlich finde ich das Buch gelungen, inhaltlich konnte es mich allerdings nicht begeistern.