Rezension

Bemerkenswert und super recherchiert

Lifelogging - Stefan Selke

Lifelogging
von Stefan Selke

Dieses Buch von Herrn Selke ist wirklich ein bemerkenswertes und lesenswertes Sachbuch. Zunächst einmal ein ganz großes Lob an den Autor für seine execellente Recherche zu diesem Thema und die Querverweise,die mit Fußnoten und Quellenangaben im Rückteil des Buches versehen sind. Zum einen muß man schließlich bei Zitaten die Quellen vorweisen, aber der Autor gibt dem Leser somit auch die Möglichkeit, bei Interesse an diesem Thema, weiterzuforschen und andere Quellen und Bücher zu Rate zu ziehen.
Das Thema "Lifelogging", also die Selbstvermessung, ist ein unheimlich komplexes Thema, aber das es so viele Möglichkeiten bietet und diese bereits schon in der Realität stattfinden, hatte ich gar nicht vermutet bzw. gewagt mir selbst vorzustellen. Nach der Lektüre dieses Buches bin ich auf jeden Fall niemand mehr, der allzu extreme Datenschützer milde belächelt. Der Autor schilder viele Möglichkeiten der Selbstvermessung, die bereits praktiziert werden oder eben technisch möglich sind. Er erhebt hier nie den streng erhobenen Zeigefinger, zeigt aber neutral die Gefahren und Riskiken des Lifeloggings auf. Aus medizinischer Sicht sind manche Arten der Selbstvermessung vielleicht noch hilfreich, auch die Archivierung von Fotos in einer Cloud u. ä. fand ich bisher nicht schlecht, schließlich sind dies alles verbesserte Möglichkeiten der Archivierung von schönen oder wichtigen Erinnerungen für sich selbst und die Nachwelt, aber diejenigen die z. B. mit "Google Glass" jeden ihrer Schritte archivieren, lassen dabei ihre Umwelt außer Acht, die vielleicht nicht zum "gläsernen Menschen" werden wollen. Wo muß man hier endlich Einhalt gebieten? Schließlich fragt man sich doch auch bei aller Sammelwurt von Daten des eigenen Körpers, ob man viele Gewohnheiten und Tatsachen, die bei der späteren Auswertung festgestellt werden, nicht auch ohnehin schon selbst wußte. Wozu haben wir schließlich ein Gehirn, ein Gedächtnis? Muß wirklich alles gespeichert und archiviert werden. Ist es nicht gerade gut, daß wir eben nicht alles im Gedächtnis behalten können, da eben manche Dinge eigentlich unwichtig oder auch unliebsame Erfahrungen simpel vergessen werden. Ich selbst brauche bestimmt nicht an jede Sekunde meines bisherigen Lebens erinnert werden. Was geschieht mit den Menschen bei immer mehr Selbstvermessung? Der Leistungsdruck steigt immer weiter, durch stetigen Willen der eigenen Optimierung. Leider sind viele Methoden schon ins tägliche Arbeitsleben eingezogen, gut beschrieben am Arbeitsalltag von Amazon-Mitarbeitern. Ich denke, es wird allerhöchste Zeit, daß nicht nur die Datenschützer warnen, sondern auch wir selbst uns auch auf mehr ethische Werte besinnen und uns gegen die zunehmende Form des Lifeloggins wehren.
Fazit: Für mich ein Buch, das man nicht einfach mal so liest, sondern von dem man länger etwas hat. Ein Buch, das man immer wieder zur Hand nehmen wird, über das man diskutieren und informieren kann und das eigentlich jeder einmal lesen sollte!