Rezension

Berndorf ... "Mister Eifelkrimi"

Der letzte Agent, 8 Audio-CDs + 1 MP3-CD
von Jacques Berndorf

Bewertet mit 4.5 Sternen

In 2005 wurde der Roman „Der letzte Agent“ von Jacques Berndorf im KBV-Verlag neu aufgelegt. Anfang der 90er Jahre war der Krimi bei Bastei-Lübbe ein Flop und stach nur durch bescheidene Verkaufzahlen vor.

Als Ralf Kramp, Eigner des KBV-Verlages den Roman neu veröffentlichte, wußte er, was er tat: Jacques Berndorf ist ein Selbstläufer, seit er durch seine Eifelkrimis, die im GRAFIT-Verlag erschienen, die Million mit seinen Büchern „knackte“. Berndorf-Fans warten ungeduldig auf neue Storys um Berndorfs Titelhelden, jenem freien Journalisten Siggi Baumeister, der vieles mit dem Autor gemein hat. Baumeister und Berndorf lieben Katzen und auch ihren Garten, lieben die Eifel und den Frieden einer Idylle.

@@@ STORY @@@

Zunächst kommt Baumeisters fast vergessene Tante Anni an, eine ehemalige Kriminalkommissarin. Man habe gemeinsam geerbt. Neben der neu entdeckten Verwandschaft, beschäftigt Baumeister ein neuer Fall: er findet eine Leiche im Wald, die durch eine Art Kunststoff vollkommen aufgequollen ist. Tante Anni ahnt die Lösung: in der Ex-DDR wurde mit Projektilen experimentiert, die Menschen in dieser Weise töten.
Bald stößt Siggi Baumeister auf eine kleine Firma, die sich auch nach dem Mauerfall auf Verpackungs-Design spezialisiert hat. Letztlich sind es Ex-Schnüffler aus der Zeit des kalten Krieges.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) kommt ins Spiel, und Baumeister wird an seinen Recherchen nicht gehindert. Kein Wunder aber, dass der Tote nicht die letzte Leiche mit „Plastik im Bauch“ bleibt.
Baumeister, unterstützt von der leicht debilen Tante Anni, geht weiter auf Spurensuche...

@@@ EINDRÜCKE @@@
Selbst wenn „Der letzte Agent“ zu den leicht schwächeren Büchern Berndorfs zählt, ist es trotzdem lesenswert. Nur mag nicht jedermann die Story für besonders realistisch ansehen. Teils wirkt sie auch ein wenig an den Haaren herbeigezogen. Blendet man dies aber aus, so ist „Der letzte Agent“ sehr spannend.

Angeblich, und das ist interessant, gab es diese Art von tötlichen Projektilen, die Kunststoff aufquillen lassen wirklich. So gesehen, ist dieser Roman dann doch brisant und deckt einiges auf, was uns an der ehemaligen DDR rätselhaft blieb.
Der Krimi trägt Berndorfs unvergleichliche und typische Handschrift: Eifel als Lokalkolorit, Baumeister als stur recherchierender Antiheld mit Pfeife und Vorliebe für Katze, und letztlich einem trockenen Humor, der Krimis gut tut.

Auch tut der Atmosphäre gut, dass eine „Tante Anni“ auftaucht – ganz untypisch für einen Krimi mit Mord und Totschlag. Berndorf ist literarisch „einfach anders“.
Im Gegensatz zu späteren und äußerst erfolgreichen Eifelkrimis fehlt bei „Der letzte Agent“ ein wenig die Atmosphäre, die den Eifelkrimi doch so aus macht. Dennoch wundert mich, dass die erste Veröffentlichung wenig erfolgreich war, denn im Vergleich mit vielen anderen deutschen Krimiautoren ist Berndorf in Sachen Spannung und Ideen für eine spannende Handlung bereits mit diesem Krimi auf der Überholspur gewesen. Und es muß auch nicht immer Manhattan, Detroit oder New York sein, wo es mächtig „kracht“. Der unbekannte Gegner zersiebt auch mal zwischenzeitlich Siggi Baumeisters Auto mit einem Kugelhagel. Warum soll das unrealistisch sein? Wo Verbrechen stattfinden, ist wahrlich nicht vom Ort abhängig, auch wenn die Eifel eher als still und entlegen gilt.

Berndorf ist nicht grundlos Deutschlands erfolgreichster Krimi-Autor geworden, und der Fan dieser Serie um Verbrechen in der Eifel wird das Buch gerne lesen. Zweifel hatte ich gelegentlich nur an Berndorfs Krimi „Eifel-Filz“, weil das Ende mir zu abrupt kam. „Der letzte Agent“ aber versteht indes, Spannung pur zu vermitteln. Und selbst wenn ich diesen Krimi als etwas schwächer bezeichne, dann ist er in Schulnoten immer noch „gut“.

Berndorf ist und bleibt ganz klar mein Favorit für deutsche Krimis.

Jean-Louis Glineur