Rezension

berührend

Mein Leben als Sonntagskind - Judith Visser

Mein Leben als Sonntagskind
von Judith Visser

Bewertet mit 4 Sternen

Die 19-jährige Jasmijn tut sich schwer im Alltag. Sie ist redet nicht gerne und weiß häufig nicht wie sie sich verhalten soll, mit scheinbar normalen Situationen, wie zum Beispiel dem Verkehr ist sie überfordert.

Judit Visser hat mit diesem Werk einen autobiographischen Roman über das Erwachsenwerden mit Autismus verfasst. In den Niederlanden ist es bereits ein gefeiertes Buch. Visser beschreibt ihre Erfahrungen aus der frühen Kindheit und hauptsächlich aus der Schulzeit.

Die Inselbegabung (frühes lesen und schreiben) und die vermeintlichen Defizite beschäftigen das Mädchen sehr, zumal sie bis zum Erwachsenenalter keine Diagnose hatte, sie galt lediglich als sonderbar.

 

Die Geschichte wird durch Jasmijn selbst erzählt, so dass man einen guten Einblick in ihre Welt bekommt.  Diese wird genauestens beschrieben, alle Emotionen und das soziale Umfeld lernt man bestens kennen. Dies gelingt der Autorin auf eine besonders kurzweilige Art, so dass man die 600 Seiten flott gelesen hat. Jasmijn ist sehr begabt, gleichzeitig ist es ihr aber unmöglich mit anderen Menschen zu reden. Je älter sie wird, desto mehr versucht sie sich besser anzupassen; dies gelingt ihr mal mehr mal weniger. Zu Jasmijns großem Glück hat sie eine Familie, die sie auf eine sehr liebevolle Weise genauso annimmt wie sie ist. So hat sie einen Ort, an dem sie sich immer sicher und geborgen fühlt. Hier kann sie durchatmen, bevor es wieder hinaus in die Welt geht.

 

Judith Visser gewährt einen besonderen Einblick in die Welt und das Denken eines Autisten, dadurch kann viel Verständnis für Menschen mit so einer Störung geweckt werden. Durch die Ich-Erzählweise ist eine sehr gute Nachvollziehbarkeit der Probleme der jungen Autistin entstanden, die man sich sonst nicht so vor Augen führt, dies gelingt Visser vermutlich auch wegen der eigenen Betroffenheit so gut.

Unverständlich war mir dennoch, dass die Eltern und/oder Großeltern niemals einen ärztlichen Rat eingeholt haben, sie haben die besondere Art als Eigenheit hingenommen. Auch die Lehrer haben in dieser Weise nicht interveniert. Schade, vermutlich hätte man dem Kind durch geschulte Hilfen vieles einfacher machen können. Toll, dass sie sich so gut entwickeln konnte.

 

Gerne hätte ich noch mehr über Jasmijns Leben erfahren, vor allem wie es ihr als Erwachsene ergeht. Leider konzentriert sich der Roman hauptsächlich auf die Schulzeit.