Rezension

Berührend, aber zu leicht zu durchschauen

Dornenherz - Jutta Wilke

Dornenherz
von Jutta Wilke

Bewertet mit 4 Sternen

Ein Buch über die Liebe und den Tod, das mich berührt hat. Insbesondere hat mich der poetische Schreibstil dabei bezaubert.

Klappentext:
Heute vor einem Jahr habe ich gelernt, dass man sterben kann, ohne tot zu sein. Obwohl ich in sicherer Entfernung stand, das offene Grab nur von Weitem sah, fühlte ich, wie die feuchte Erde mich nach und nach einhüllte. Wie ich nach und nach unter ihr verschwand und mit mir meine Träume, meine Sehnsüchte, meine Wünsche.
Heute vor einem Jahr haben sie meine Schwester begraben. Und mich gleich dazu.

Form und Stil:
Das Buch gliedert sich in mehrere Kapitel, die alle mit einem Gedicht beginnen, dass im weitesten Sinne mit Rosen zu tun hat. Einige dieser Gedichte sind sehr bekannt, andere waren mir ganz neu. In jedem Fall scheint mir, dass für jeden Geschmack etwas dabei ist und ich habe mir einige der Gedichte herausgeschrieben. Die Protagonistin Anna erzählt ihre Geschichte als Ich-Erzählerin. Dies wird diese immer wieder unterbrochen von kurzen Erzählungen aus der Vergangenheit, die Johanna ebenfalls als Ich-Erzählerin schildert. Die Abschnitte von Johanna sind zur besseren Verständlichkeit kursiv gedruckt worden.

Besonders gut gefallen hat mir bei diesem Buch der Schreibstil der Autorin. Er ist wunderbar leicht und poetisch. Trotz des eigentlich ernsten Themas schafft die Autorin es mittels ihres Stils eine traurige aber auch bezaubernde Stimmung zu erschaffen. Wunderschön ist auch die Gestaltung des Covers und des Schutzumschlages. Auf dem Bild des Covers lässt sich dies nicht erkennen, aber der Schutzumschlag ist durchsichtig und hat lediglich einige Ornamente sowie einen Rosenengel aufgedruckt. Der zweite Engel ist auf das Buch selbst gedruckt, inmitten von einem türkis gehaltenen Rosenmuster.

Eigene Meinung:
„Welche Träume hätten wir, wenn wir wüssten, dass wir morgen sterben müssen?“

Anna hat es schwer nach dem Tod ihrer Schwester. Sie fühlt sich verantwortlich und schuldig und kann daher mit ihrer Trauer nicht umgehen. Auch ihre Familie ist nach einem Jahr nach dem Tod ihrer Schwester noch überwältigt von der Trauer Das Buch beschreibt diesen Part der Trauerbewältigung sehr feinfühlig und eindrucksvoll. Dabei lenkt die Autorin die Handlung aber auch immer wieder auf kleine andere Dinge, sodass das Buch nicht zu erdrückend ist. Anna als Protagonistin war für mich teilweise ein bisschen anstrengend und ihr Verhalten bisweilen auch nicht so ganz nachzuvollziehen. Insbesondere ihre Beziehung zu Leon war für mich merkwürdig. Allerdings geht jeder mit Trauer anders um und sie war in ihrer Art zumindest authentisch. Die übrigen Personen des Buches blieben leider für mich ein bisschen blass, was wohl auch der geringen Seitenzahl geschuldet war. Lediglich Phil war noch ein bisschen interessant.
Gut gefallen hat mir die Metapher der Rose, die von der Autorin immer wieder aufgegriffen und sehr schön in die Geschichte eingebunden wurde.

Größter Kritikpunkt des Buches war für mich die unglaubliche Durchschaubarkeit des Buches. Man kann die Verbindungen von Vergangenheit und Zukunft schnell durchschauen und selbst bezüglich ungewisser Details winkt die Autorin schon nach 50 Seiten mit dem Zaunpfahl. Vielleicht ist das auch so gewollt und es soll so ein Wissensvorsprung des Lesers vor der Protagonistin Anna erreicht werden, allerdings konnte mich diese Herangehensweise so nicht überzeugen. Das war mir zu leicht und zu früh im Verlauf der Geschichte.

Trotz allem habe ich mit Anna mitgefiebert und mit ihr und ihrer Familie sowie allen anderen mitgelitten. Die Geschichte von Anna und ihr Leid haben mich sehr berührt. Ich habe während der Lektüre die ganze Zeit mitgehofft und gebangt, dass Anna die richtigen Entscheidungen trifft und den Weg zu ihrem Glück findet.

Fazit:
Ein Buch über die Liebe und den Tod, das mich berührt hat. Insbesondere hat mich der poetische Schreibstil dabei bezaubert.