Rezension

Berührend, humorvoll und verstörend real

Adresse unbekannt - Susin Nielsen

Adresse unbekannt
von Susin Nielsen

Bewertet mit 5 Sternen

Astrid ist allein erziehende Mutter und lebt mit ihrem Sohn Felix in einem Westfalia. Die Geschichte wird aus der Sicht des Sohnes erzählt und er berichtet, wie es zu dieser Wohnsituation kam und was währenddessen alles passiert ist.

Susin Nielsen schreibt wirklich toll und überzeugend die Sichtweise des jungen Felix, welcher dabei ist, die Pubertät zu erreichen. Zudem wird sehr gut beleuchtet, wie unsicher das gesellschaftliche und soziale Konstrukt ist und wie schnell eine Kettenreaktion entstehen kann, die in einer Abwärtsspirale endet.

Besonders gut hat mir gefallen, dass der unnütze Stolz der Erwachsenen immer wieder aufgegriffen wurde sowie auch die beruhigenden Lügen der Mutter, die versucht alles zusammenzuhalten, während ihr alles irgendwie entgleitet.
Es wird nicht nur die Thematik der Obdach- bzw Wohnungslosigkeit beschrieben, sondern sehr anschaulich, und trotzdem kindgerecht, auch Themen wie Depressionen, Hygiene, Freundschaft, Familie und vor allem Vertrauen und Glaube behandelt. Der Glaube an andere Menschen.

Eine Szene hat mich zusätzlich geschockt, einfach durch ihre traurige Realität. Felix wacht auf und sieht neben sich einen älteren Mann, der sich an dem schlafenden Anblick des Kindes selbst befriedigt. Natürlich werden diese Worte so nicht genutzt, aber das ändert nichts an der Situation und hat mich doch etwas schlucken lassen.

Insgesamt bin ich von dem Buch jedoch sehr begeistert. Die ganze Geschichte ist berührend und zugleich schockierend. Sie besticht vor allem durch die Realität, die darin widergespiegelt wird.
Meines Erachtens ist es eine große Meisterleistung von Susin Nielsen, diese sensiblen Themen gut verständlich und kindgerecht aufzuschreiben.