Rezension

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Berührend, intim und schonungslos

Das Leben ist ein vorübergehender Zustand -

Das Leben ist ein vorübergehender Zustand
von Gabriele Arnim

Bewertet mit 5 Sternen

Eigentlich liegt die Ehe Gabriele von Arnims schon am Boden. Doch dann, an dem Tag, als sie die Trennung kommuniziert, kommt alles anders. Ihr Mann wird mit einem Schlaganfall ins Krankenhaus eingeliefert, überlebt nur knapp. Von Arnim entscheidet sich zu bleiben. Aber wie lebt man Krankheit, wie pflegt man ohne Selbstaufgabe?

Mit unglaublichem Mut zur Ehrlichkeit und pointierter Sprache analysiert die Journalistin und Autorin ihre Rolle an der Seite ihres teils gelähmten Mannes. Und nimmt uns mit, an die Bettkante, in die Privatheit eines Schicksalsschlages, zwischen Speicheltuch und Urinflasche. Beschreibt die wieder aufglimmende Zuneigung des Paares, die Schwierigkeit, dem Schicksalsschlag keine Bitterkeit folgen zu lassen, die Suche nach der Schönheit im Alltäglichen. Die Ab- oder Zuwendung von Freunden, das Ringen um Artikulation, die Frage nach Identität ohne Verständigung. Lesende trägt von Arnim dabei mit eleganten Metaphern durch die schwere Thematik. Leicht fällt das Lesen nicht. Man muss das Buch immer wieder einige Zeit ruhen lassen, Zeilen verdauen, Platz schaffen für neue Kapitel. Sterben, Tod, körperliche Behinderung: Das ist keine leichte Kost, doch von Arnim weiß sie aufzubrechen, findet einen vorsichtigen Optimismus, bleibt nicht stecken im Leid.

Und nicht nur von Arnims Sprachpoesie streichelt die Seele, ihre glasklaren (Selbst)beobachtungen strotzen nur so vor Aufmerksamkeit und geistiger Wachheit. Man möchte sich verbeugen vor dieser Frau, die zeitgleich als Journalistin arbeitet, sich um ihren kranken Mann kümmert und noch Zeit und Geduld für detaillierte, durchaus auch selbstkritische Reflexionen findet. Und nicht verzweifelt, sondern der Trostlosigkeit trotzt. Ein Buch, das viel über das Leben und Sterben lehren kann - und nicht in Plattitüden verfällt, sondern durch philophische Gedanken begeistert.