Rezension

Berührend, tiefsinnig, aufwühlend - und dennoch gelegentlich humorvoll

Ein guter Tag zum Leben - Lisa Genova

Ein guter Tag zum Leben
von Lisa Genova

Bewertet mit 4.5 Sternen

Joe O´Brien ist Vater von vier Kindern, glücklich verheiratet und Polizist mit Leib und Seele. Doch irgendwas stimmt nicht mit ihm - er ist tollpatschig, hat unkontrollierbare Zuckungen und Konzentrationsprobleme. Seine Frau Rosie drängt ihn daher, einen Arzt aufzusuchen. Bald darauf erfährt er, dass er Huntington hat, eine Krankheit, deren Namen er zuvor noch nie gehört hatte und die von nun an zu einem festen, unwiderruflichen Bestandteil seines Lebens und dem seiner Familie wird, denn Chorea Huntington ist eine Erbkrankheit.
Während Joe sich mit der Krankheit wohl oder übel arrangieren muss, liegt es an seinen Kindern, zu entscheiden, ob sie Gewissheit haben wollen: Mithilfe eines Gentests können sie erfahren, ob sie ebenfalls an Huntington erkranken werden oder davon nicht betroffen sind.

Lisa Genovas Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, entgegen meiner Erwartungen angesichts der ernsten Thematik schafft sie es, den Leser gelegentlich zu amüsieren, wodurch das Geschehen angenehm aufgelockert wird.
Nebenbei sensibilisiert sie den Leser für das Thema, veranschaulicht, wie grausam Huntington ist und wie schwer es ist, zu entscheiden, ob man einen Gentest durchführen lassen oder doch lieber in Ungewissheit leben will.
Nahezu alle Charaktere schließt man schnell ins Herz, wobei im Buch vorwiegend Joe und seine jüngste Tochter Katie im Fokus stehen.
Abgerundet wird das Buch durch zahlreiche wunderschöne Textstellen, welche die jeweiligen Situationen perfekt auf den Punkt bringen. "Er [Joe] tanzt Boogie zu einer Musik, die niemand sonst auf dem Planeten hören kann" (Seite 367) ist nur ein Beispiel von überdurchschnittlich vielen, welche ich mir aus "Ein guter Tag zum Leben" notiert habe.
Wer befürchtet, über nicht genug Wissen über Huntington zu verfügen, um das Buch zu verstehen, kann beruhigt sein: Biologische beziehungsweise medizinische Details der Krankheit werden auch Laien in angemessenem Umfang verständlich erklärt - allerdings wird dabei behauptet, Suizide seien im Winter besonders häufig (Seite 295), was sich schon mit wenig Recherche als unwahr herausstellt. Deswegen und aufgrund des etwas zu langsamen Tempos zu Beginn des Buches, während man sozusagen in das Familienleben und Joes Job eingeführt wird, vergebe ich "lediglich" viereinhalb von fünf Sternen.

Insgesamt handelt es sich damit bei "Ein guter Tag zum Leben" um ein gelungenes, emotionales, aufrüttelndes Buch, welches sehr lebensnah wirkt und aus meiner Sicht definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient hat.
Ich kann das Buch jedem empfehlen, der etwas Interesse für die Krankheit mitbringt oder selbst betroffen ist und dem die Leseprobe zusagt. Auch diejenigen, die andere Bücher von Lisa Genova begeistert haben, werden von diesem Buch mit Sicherheit nicht enttäuscht sein.