Rezension

Berührende Auseinandersetzung mit der Frage, was eine Familie zusammenhält

Worauf wir hoffen - Fatima Farheen Mirza

Worauf wir hoffen
von Fatima Farheen Mirza

In ihrem Roman „Worauf wir hoffen“ zeigt die kalifornische Autorin Fatima Farheen Mirza auf einmalige Weise, welche Wünsche Eltern für ihre Kinder haben und welche Wege sie dazu gehen, um ihre Vorstellungen zu verwirklichen. Gleichzeitig schildert sie auch die Auseinandersetzung der Kinder mit den Anforderungen, die an sie gestellt werden. Das Cover zeigt einen Baum, der mit seinen Zweigen symbolisch für die Familie steht. Goldglänzende Punkte überstrahlen entlang der schwarzen Äste solche in blau. Sie weisen auf die Freude im Leben hin, die nicht nur der Einzelne für sich empfindet sondern die er auch, natürlich ebenso wie schlechte Erfahrungen, mit seinen Angehörigen teilt.

Hadia ist 27 Jahre alt und die älteste Tochter von Rafir und Laila. Ihre Eltern sind Inder und schon vor ihrer Geburt in Kalifornien zugewandert. Die ganze Familie, zu der noch ihre ein Jahr jüngere Schwester Huda und ihr vier Jahre jüngere Bruder Amar gehören, ist schiitischen Glaubens. Zu ihrer Heirat nach einem indisch-muslimischen Ritual ist auch Amar angereist, der vor drei Jahren im Streit sein zu Hause verlassen hat und zu dem jeder Kontakt abgebrochen war. Als allwissende Erzählerin blickt die Autorin auf die Geschwister und Laila und bringt deren Gefühle zu der unwirklich erscheinenden Situation, dass der verloren geglaubte Sohn heimgekehrt ist, zum Ausdruck. In Rückblicken reist Fatima Farheen Mirza in die Vergangenheit bis zu dem Punkt, als die Ehe von Rafir und Laila vermittelt wurde und zu vielen weiteren für die Familie bedeutenden Ereignissen aus denen sich schließlich der Weggang von Amar ergibt.

In diesem eher ruhig erzählten Roman legt die Autorin viele Stationen ein, um aus zahlreichen Situationen heraus zu erklären, wie es zu der Loslösung des Bruders von seinen Eltern und Geschwistern, verbunden mit Änderungen in seinen Ansichten, gekommen ist. Deutlich wird der Anspruch der Eltern, sich an die von ihren Vorfahren und ihrer Religionsgemeinschaft gesetzten Normen, Werte und Gesetze zu halten. Sie fühlen sich verpflichtet, ihre Traditionen auch fern der Heimat zu leben und an ihre Kinder weiterzugeben, ohne Fragen nach Nachteilen die dadurch gerade ihren Kindern geschehen könnten.

Die Autorin erlaubte mir mit ihren Schilderungen, die nicht wertend aber durchaus kritisch sind, hinter die Fassade des Alltags einer nach indischen und muslimischen Bräuchen lebenden Familie zu nehmen, wie ich es bisher nicht kannte. Auf sehr einfühlsame Weise legt sie die Rolle der Frau in einer solchen Gesellschaft offen und führt aus Sicht der Mutter und der Töchter Argumente an, damit verbunden zu bleiben oder sich davon zu lösen. Sie blickt auf die äußeren Einflüsse, die gerade durch Kindergarten, Schule, Arbeit und Studium nicht vermieden werden können. Innerhalb der Familienangehörigen blickt sie auf die Rollenzuweisungen der Töchter und des einzigen Sohn. Hieraus ergeben sich der Zusammenhalt der Geschwister gegenüber Außenstehenden ebenso wie Eifersüchteleien bis hin zum Hass, geteilte Freude sowie Leid und das Ringen um die Gunst der Eltern. In einem abschließenden Kapitel erzählt Rafik, dessen Sichtweise bis dahin nur durch sein Handeln erkennbar war, seinem Sohn als Ich-Erzähler von seinem Leben drei Jahre nach der Hochzeit Hadias und von seinen Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse in einem versöhnlichen Ton, der den Roman auch mich als Leser mit eine Hoffnung im Herzen zurückließ.

Fatima Farheen Mirza gab mir in ihrem Roman „Worauf wir hoffen“ Einblicke in einen für mich bisher unbekannten Mikrokosmos einer indisch-muslimischen Familie, die nach Kalifornien ausgewandert ist. Das Buch ist eine berührende Auseinandersetzung mit der Frage, wodurch eine Familie zusammenhält, die zum Nachdenken anregt. Beispielhaft führt die Autorin an, wie es zu einem Bruch in diesem Gefüge kommen kann. Die Geschichte hat mich bewegt und wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben, ich empfehle sie gerne weiter.