Rezension

Berührender Schmöker um Liebe und Tod

Judith und Hamnet -

Judith und Hamnet
von Maggie Ofarrell

Bewertet mit 4 Sternen

Agnes gilt im englischen Dorf Stratford-upon-Avon eher als sonderbare Außenseiterin: Sie treibt sich im Wald herum, trägt ihr Haar offen, soll einen Falken besitzen und ihre Intuition ist unheimlich genau. Heiraten wollen – so sagt man in Dorf – wird diese junge Frau wohl nie jemand. Doch als sie dem Sohn des Handschuhmachers über den Weg läuft, der ihre jüngeren Geschwister in Latein unterrichtet, ist es um beide geschehen.

Maggie O'Farrel schildert im Roman bildhaft das Kennenlernen der Liebenden und die folgenden Jahre ihrer Ehe. In Rückblicken erzählt sie auch von der Kindheit der beiden: Seine war mit einem zur Gewalt neigenden Vater nicht immer leicht, sie hatte mit den frühen Tod der Mutter zu kämpfen. Auch ihr Eheleben ist nicht frei von Schwierigkeiten, besonders als die Pest England erreicht und eines ihrer Kinder bedroht.

Die Mischung aus historischem Roman und wundervoll märchenhaften Elementen, die O'Farrel gerade im Bezug auf Agnes immer wieder einstreut, hat mir gut gefallen. Erzählperspektiven und Personal sind abwechslungsreich, dazu ist es streckenweise so herzzerreißend traurig, dass kaum ein Auge beim lesen trocken bleiben dürfte.

Einen kleinen Abzug gibt es für das Ende, das sich für mich persönlich nicht vollkommen in den Rest der Geschichte einfügen wollte. Auch über die sympathischen wie unterschiedlichen Töchter, besonders die Titelgebende Judith hätte ich gerne mehr erfahren. Ansonsten war es aber ein unterhaltsamer und berührender Schmöker über Liebe, Tod und das Leben im 16ten Jahrhundert.

Shakespeare – auf dessen Leben der Roman basiert – kennen oder mögen muss man hier definitiv nicht, es funktioniert auch so ganz wunderbar. Magisch, traurig, schön mit einer recht klassischen Trennung von Gut und Böse, die gut in die Tradition des Bühnendramas passt. An „Ich bin ich bin ich bin“ kommt der Roman aber nicht ganz heran.