Berührendes Buch
Bewertet mit 5 Sternen
Harold Fry ist seit einigen Monaten pensioniert; er weiß nicht, wie er den Tag herumbringen soll. Die Beziehung zu seiner Frau Maureen ist kalt geworden. Sein Sohn David ist fort und spricht nicht mehr mit ihm. Da erhält er einen Brief von einer ehemaligen Arbeitskollegin: Queenie Hennessy hat Krebs und verabschiedet sich von ihm. Das wirft Harold völlig aus der Bahn. Er schreibt einen Antwortbrief und bringt ihn zum Briefkasten, doch dann geht er daran vorbei.In einem Gespräch kommt er auf die Idee, dass der Glaube Berge versetzen könne: Er will zu Fuß zu Queenie kommen und sie dadurch heilen. Und so macht er sich ohne irgendwelche Vorbereitungen auf den langen Weg von Kingsbridge an der englischen Südküste nach Berwick-upon-Tweed an der schottischen Grenze...
Der Weg wird zu einer Pilgerreise. Harold lernt den Moment achten, von den schmerzenden Füßen bis zu dem Genuss eines Butterbrotes. Er begegnet vielen Menschen, erhält Gedankenimpulse und gibt selbst viel Inspiration an andere. Und er beschäftigt sich mit seinen Erinnerungen: An seine Mutter, die ihn als Kind verlassen hat, an seinen Vater, der keine tragfähige Beziehung zu ihm hatte, an seine Frau, vom ersten Kennen- und Liebenlernen bis zum wortlosen Nebeneinanderher-Leben, an seinen Sohn David, der ihm immer ein Rätsel geblieben ist, an seine unscheinbare Kollegin Queenie, die einmal etwas Entscheidendes für ihn getan hat. Harold verändert sich. Und das geht auch Maureen so, die allein zu Hause zurückgeblieben ist und nun ebenso über ihr Leben nachdenkt.
Dieses Buch hat zwar einen äußerst unwahrscheinlichen Inhalt, wie es der Titel schon verrät. Warum Harold die Pilgerreise auf sich nimmt, muss der Leser aber nicht wirklich verstehen, denn Harold versteht es ja selbst nicht. Kann man sich darauf einlassen, hat man eine berührende Geschichte vor sich, die ohne Kitsch über Leben und Tod, Schuld und Vergebung, Beziehung und Verständnis füreinander spricht. Mit diesem Erstling hat Rachel Joyce mein Herz berührt.