Rezension

Berührendes Jugendbuch – aber eher Abenteuerroman statt Liebesgeschichte

Das Glück an meinen Fingerspitzen - Julie Leuze

Das Glück an meinen Fingerspitzen
von Julie Leuze

Bewertet mit 4.5 Sternen

Zum Buch – Klappentext

Manchmal muss man sich verlaufen, um seinen Weg zu finden.
Und manchmal führt dieser Weg zu einem ganz besonderen Menschen.

Nebelverhangene Wälder, einsame Pazifikstrände - und absolut kein Kontakt zur Außenwelt: So stellt sich Jana das Paradies vor, seit sie am eigenen Leib erfahren hat, wozu Menschen fähig sind. Bei ihrem Onkel, der in der kanadischen Wildnis Wölfe und Bären erforscht, will sie endlich vergessen, was ihr im letzten Frühjahr passiert ist. Doch dann verschwindet ihr Onkel spurlos und vor ihrer Blockhütte steht plötzlich ein verletzter junger Mann namens Luke. Jana hat keine Wahl: Sie muss Luke vertrauen. Denn nur gemeinsam werden sie einen Weg aus der Wildnis finden. Auf der tagelangen Wanderung durch die unberührte Natur British Columbias kommen sich Jana und Luke langsam näher. Jana ahnt nicht, dass auch er vor etwas davonläuft …
Eine berührende Liebesgeschichte in der atemberaubenden Wildnis Kanadas.

Cover

Das Cover spricht mich sofort an, die Farben sind wunderschön (ich muss gestehen, blau in allen Tönen sind meine Lieblingsfarbe) und auch die romantische und zärtliche Abbildung des Liebespärchens finde ich sehr gelungen. Das Titelbild ist elegant - aber auch modern und nicht zu jugendlich.

Es hebt sich vorteilhaft ab von all den Covern mit muskelbepackten heißen Männerbodys und kitschigen Pärchenabbildungen.

Meine Meinung

Ich liebe die Bücher von Julie Leuze, habe bisher aber nur ihre Frauenbücher gelesen.

Dieser Roman wird ja dem Genre Young Adult zugeordnet – ich gehöre eher zu den Oldies, aber trotzdem wollte ich es aufgrund der positiven Bewertungen ebenfalls lesen.

Julie Leuzes Erzählstil ist unglaublich ausdrucksvoll. Sie schafft es durch ihre bildhaften Worte, dass bei mir sofort eine Art Kopfkino entsteht.

S. 36 – „Ich richte mich auf und nehme die Insel genauer in Augenschein. Hier, an der äußersten Südspitze, ist sie nur wenige Hundert Meter breit. In der Mitte erstreckt sich ein weißer Sandstrand. Links davon bedecken dunkle Nadelbäume und Granitfelsen das Ufer, davor türmt sich Treibholz auf, ausgebleichte, ineinander verkeilte Stämme, die weit ins Meer hineinragen. Rechts vom Strand erhebt sich eine Steilwand, über die sich ein kleiner Wasserfall ins Meer stürzt“.

Der Textanfang ist fesselnd und man wird geradewegs in einen Strudel von Ereignissen gezogen. Erzählt wird abwechselnd aus der Perspektive von Jana und Luke in der „Ich-Form“. Dadurch erhält man sofort viele Informationen, sowohl über ihr Gefühlsleben als auch ihrer Sichtweise.

Aber auch eine dritte Perspektive bindet die Autorin mit in die Geschichte ein, nämlich das Kapitel „Insel“. Wunderschön wird hier der Blickwinkel der Flora und Fauna beschrieben. Eine wunderbare Idee, die mir sehr gut gefallen hat.

Der Spannungsbogen ist von Anfang an hoch. Durch geschickt eingestreute Hinweise hält die Autorin meine Neugierde geweckt.

S.49: „Die ersten Tage auf der Insel sind wohltuend ruhig, einlullend gleichförmig. Sie sind die Ruhe vor dem Sturm. Doch das ahne ich noch nicht.“

S. 55: „Wir können ja nicht ahnen, dass dies unsere letzten gemeinsamen Stunden sind.“

Im ersten Teil der Geschichte wird ganz viel erklärt, zwar sehr schön und anschaulich, allerdings auch etwas ausschweifend. Trotzdem ist es schön, soviel von der Kanadischen Wildnis zu erfahren.

Charaktere

Jana kommt auf die Insel als gebrochene junge Frau. Sie leidet unter Panikattacken, ist ängstlich und voller Zweifel. Sie will nur Ruhe und Abgeschiedenheit um Vergessen zu können.

Lange hält die Autorin die Informationen über dieses schlimme Ereignisse zurück und macht nur Andeutungen. Dadurch angestachelt, habe ich einfach immer weiterlesen müssen um endlich endlich zu erfahren, um was es sich handelt.

Nur soviel sei gesagt, es ist ein sehr aktuelles und gesellschaftskritisches Problem, und dieses wird sehr authentisch und drastisch geschildert. Es ist wirklich abstoßend, was in den Social Media Plattformen derzeit geschieht. Und genau das spiegelt sich in dieser Geschichte wider.

Luke ist ein Draufgänger, aber ein sympathischer mit vielen Ecken und Kanten. Auch er hat „sein Päckchen“ zu tragen. Er ist ein Abenteurer und braucht Aufmerksamkeit, ist aber auch fürsorglich und hilfsbereit. Kurzum ein junger Mann mit vielen Facetten.

Die Liebesbeziehung zwischen Jana und Luke entwickelt sich sehr sehr langsam, aber mit viel Gefühl und jeder Menge Emotionen. Für meinen Geschmack hätte es etwas mehr Liebe sein können.

Der Roman lebt hauptsächlich von dem Abenteuer und den Schicksalen der Protagonisten, dabei bleibt die eigentliche Liebesgeschichte etwas im Hintergrund.

Wunderschön ist es aber dann zu lesen, wie nun diese beiden jungen Menschen sich annähern, sich öffnen und sich gegenseitig stärken – und wie sich so nach und nach eine zarte und stille Liebesbeziehung entwickelt.

Alle Charaktere sind anschaulich, mit viel Liebe zum Detail und authentisch angelegt.

So ausführlich und ausgiebig die Geschichte erzählt wird, so schnell und abrupt kommt dann der Schluss. Das passt nun überhaupt nicht zum Stil des Romans.

Fazit

Die Autorin hat einen sehr gefühlvollen, authentischen und berührenden Jugendroman geschrieben.

Allerdings würde ich ihn auch nur Jugendlichen bzw. sehr jungen Erwachsenen empfehlen.

Insgesamt vergebe ich gerne 4,5 wohlverdiente Sterne.