Rezension

Besessen

Der Revolver - Fuminori Nakamura

Der Revolver
von Fuminori Nakamura

Bewertet mit 4 Sternen

Der Student Nishikawa entdeckt eines Abends einen Toten, neben dem ein Revolver liegt. Fasziniert steckt er die Waffe ein, kümmert sich jedoch nicht um den Verstorbenen. Ein paar Tage später wird auch in der Tageszeitung von dem Toten berichtet. Nishikawa verändert sich nach dem Auffinden der Waffe. Er tritt selbstbewusster, aber auch rücksichtsloser auf. Einzig und allein der Revolver ist es, um den er sich fast zärtlich kümmert. Mehr und mehr durchdringt das seelenlose Ding seine Gedanken. Kaum noch etwas anderes ist wichtig.

 

Kann man sich vorstellen, wie es ist, eine Waffe neben einem Toten zu finden und nicht die Polizei zu informieren? Schwer. Umso interessanter, aber auch befremdlicher ist das Gedankenspiel dieses im Original bereits im Jahr 2002 erschienene Roman. Nishikawa erscheint als eigenartiger Charakter, dem man wenig Verständnis entgegen bringen kann. Seine Fixierung auf die Waffe, seine Abgewandtheit von seinen Freunden, Mitstudenten und Nachbarn. Er selbst hatte keine ganz leichte Kindheit, was vielleicht seine Distanziertheit erklären könnte. Doch kann ein Revolver die Rolle von Freunden und Familie übernehmen. Und was ist mit dem Reiz, der von der Waffe ausgeht, sie auch abzufeuern? Sollte man diesem tatsächlich nachgeben oder wäre es vielleicht doch besser, das Corpus Delicti abzugeben?

 

Eine ähnliche Faszination wie die Waffe auf Nishikawa übt dieses Buch auf den Leser aus. In Teilen möchte man nicht weiterlesen, weil man einfach Schlimmes erwartet. In Teilen rauben einem die Schilderungen den Atem, entweder weil sie so krass sind oder an Spannung kaum überboten werden können. Nishikawa kann trotz seines schwierigen Hintergrundes nicht sympathisch wirken, aber seine eigenartige Beziehung zu dem Revolver fesselt und löst Gedanken aus. Könnte man einem Objekt ebenso verfallen? Wie würde man in einer ähnlichen Situation handeln? Hätte Nishikawa es verhindern können, so von der Schusswaffe eingenommen zu werden? Eine etwas böse Geschichte, deren Lektüre einen gleichzeitig abstößt und in den Bann zieht. Gewiss ungewöhnlich und schauerlich.