Rezension

Besondere Fälle brauchen besondere Methoden

JAKOB RUBINSTEIN - Andreas Gruber

JAKOB RUBINSTEIN
von Andreas Gruber

Bewertet mit 4.5 Sternen

Jakob Rubinstein, seines Zeichens Privatdetektiv im schönen Wien, hat es sich zur Aufgabe gemacht sonderbare Kriminalfälle zu lösen. Er tut dies mit jiddischem Charme (aber ohne koscheres Essen) und der Hilfe seiner nerdigen und computeraffinen Sekretärin Lisa, deren Freundin Ossi, seines homosexuellen Freundes und Kolumnisten Nicolas Gazetti und seiner sehr jüdischen Schwester Rachel. Der faule Kater Mister Watson rundet das chaotische Ermittlerteam ab (die drei Goldfische Sammy, Davis und Junior müssen schließlich zu Hause bleiben). Das Innenministerium, im speziellen Minister Rohrschach, auf den Rubinstein wortwörtlich allergisch reagiert, macht unserem wienerischen Detektiv das Leben schwer aber mit Bürgermeister Dr. Gödel findet er Rückendeckung im Kampf gegen Lügen, Mord, Entführung und Betrug.

Leseeindruck

Mit "Jakob Rubinstein - Sechs mysteriöse Kriminalfälle" ist der mittlerweile dritte von geplanten sechs Erzählbänden des Autors Andreas Gruber im Luzifer Verlag erschienen. Wie der Autor im Vorwort erzählt, wurden bereits 2003 fünf der hier gedruckten Kriminalfälle erstveröffentlicht, allerdings ist dieses Werk längst vergriffen und Gruber nutzte die Chance, die ihm der Luzifer Verlag mit der Anthologie gab, seine Fälle neu zu überarbeiten und um einen weiteren sechsten Fall zu erweitern. Gruber bedient hier das Krimi-Genre und peppt es mit phantastischen und mysteriösen Elementen auf. In sechs Einzelfällen, die in sich abgeschlossen sind aber durchaus in Bezug zueinander stehen, lässt Gruber seinen Protagonisten Jakob Rubinstein durch die Gassen Wiens streifen und dort den "Bösen Buben" das Handwerk legen. Die Fälle sind knackig und durchaus spannend, wenn auch teilweise ein wenig zu geradlinig. Dennoch kommt nie Langeweile auf, denn vor allem leben die Geschichten von ihren Figuren und deren Interaktion miteinander. Auch das wienerische Flair und das Spiel mit dem jüdischen Klischee (am Rande, denn Rubinstein pflegt die Religion eher nicht im Gegensatz zu seiner Schwester Rachel) verleihen diesem Erzählband einen besonderen Charme und heben ihn deutlich von der gewohnten und teilweise auch trockenen Krimikost hervor.

Mit seinem charismatischen, manchmal etwas unbeholfenen, übergewichtigen und zartbesaiteten Protagonist Rubinstein, der eine Waffenphobie hegt, dem chinesischem, nicht koscherem Essen zugetan ist, seinen VW-Käfer sowie die Musik von Frank Sinatra liebt, hat er eine ungewöhnliche, durch und durch skurrile und einprägsame Figur geschaffen. Rubinstein ist alles andere als erfolgreich mit seiner Detektei, vielmehr löst er seine Fälle mit der Hilfe von Glück und Kommissar Zufall sowie seinen ebenso eigenwilligen wie sympathischen Freunden Gazetti und Lisa. Oft führt ihn sein Bauchgefühl auf die richtige Fährte und mittels der hervorragenden und prompten Recherchen seiner Sekretärin Lisa, die ein wenig an Stieg Larssons Lisbeth Salander erinnert, löst er seine Fälle zwar erfolgreich aber stets auch chaotisch. Dabei bleibt er sich selbst treu, menschlich und rückt sich nicht gern in den Mittelpunkt. Auch der Rubinstein zur Seite gestellte homosexuelle und gut betuchte Kolumnist Nicolas Gazetti erntet beim Leser mächtig Sympathiepunkte. In seiner teilweise nassforschen, direkten und exzentrischen Art verhilft er seinem Freund oft zum nötigen Erfolg bei den Ermittlungen. Die Dialoge der beiden Figuren sprühen vor Charme und Witz und werten die Geschichten insgesamt fabelhaft auf. Unvergessen und irre komisch bleibt hier Gazettis Auftritt als Patient im dritten Fall "Der mysteriöse Tod des Eduard Kaminsky". Mit der jungen und intelligenten Sekretärin Lisa Novacek, die alles andere als konventionell daherkommt, hat Gruber die dritte extravagante Figur rund um Rubinstein geschaffen. Sie ist nicht nur clever, sondern besticht vor allem durch ihre schnelle Auffassungsgabe und ihr technisches Know-How. Ihre Recherchearbeiten im Hintergrund sind weichenstellend für den Erfolg bei der Falllösung. Für den Leser gewinnt sie vor allem durch ihre Schlagfertigkeit und witzigen Kommentare an Sympathie. Zu guter Letzt spielt auch Rubinsteins Schwester Rachel eine tragende Rolle bei einigen Fällen. Die Galeristin ist das ganze Gegenteil ihres Bruders, steht ihm aber trotzdem nahe und bildet das familiäre Rückgrat für Rubinstein.
Sie alle und ihre Interaktion miteinander tragen durch die Geschichten und machen in meinen Augen die kleineren Schwächen bei den kriminalistischen Details mehr als wett. Neben dem durchweg vorhandenen Humor und den netten kleinen Anspielungen und Anekdoten, ist es aber auch der Schauplatz Wien (und Umgebung), der den Geschichten einen besonderen Reiz verleiht und sie wunderbar einzigartig macht.

Eins möchte ich noch erwähnen, denn bisher könnte man glauben in diesem Erzählband geht es nur lustig und spielerisch zu. Doch dem ist nicht so, denn den Fällen liegen oft ernste und auch tragische menschliche Schicksale zugrunde und Gruber legt nicht selten den Finger auf gesellschaftliche und politische Wunden.

Fazit

Ein besonderer und sehr lesenswerter im Mystery-Krimi-Genre angesiedelter Erzählband, der durch seine skurrilen und sympathischen Charaktere, feinen Humor und eine ganz besondere Atmosphäre besticht. Definitiv nicht Mainstream und dadurch auf jeden Fall einen Blick wert. Ich freue mich auf weitere Erzählbände Grubers.