Rezension

Betrogene und Betrügerin

Adele Spitzeder - Julian Nebel

Adele Spitzeder
von Julian Nebel

Bewertet mit 5 Sternen

Einer der spannendsten Fälle in der deutschen Kriminalgeschichte.

Eigentlich ging ich davon aus, dass mich ein Roman erwartet, habe dann aber schon nach wenigen Seiten festgestellt, dass es sich um ein Sachbuch handelt, was aber meinem Lesevergnügen keinen Abbruch tat.

Julian Nebel schafft es auf 176 Seiten, sauber recherchiert einen der  unglaublichsten Fälle in der deutschen Kriminalgeschichte darzustellen: Die Dachauer Bank der Adele Spitzeder. Der Untertitel verrät bereits Näheres: Der größte Bankenbetrug aller Zeiten. Vielleicht nicht "der", aber "einer". 

1872 verlieren Tausende von Menschen, v.a. in und um München ihr gesamtes Erspartes, weil sie auf die Bankgeschäfte einer Adele Spitzeder hereinfielen. Es handelte sich bei ihr um eine relativ erfolglose Schauspielerin, dazu Frauen sowie einem Leben in Saus und Braus nicht abgeneigt. Sie erfand ein Schneeballsystem, das anfangs gut lief, dann jedoch wie jedes dieser Systeme implodierte. Erschwerend kam hinzu, dass Spitzeder keine Kauffrau war, sie führte weder Bücher, noch überwachte sie ihre Angestellten, die sich ebenfalls großzügig an den Spareinlagen bedienten. Letztendlich wandert Adele Spitzeder ins Gefängnis, verliert alles und wird im Alter von 63 Jahren anonym auf einem Münchner Friedhof beerdigt.

Der Fall ist nach wie vor brandaktuell; man denke nur an den Hedgefonds-Skandal. Durch das Buch konnte ich nachvollziehen, wie normale Menschen auf eine solche Maschen hereinfallen, denn nicht nur die Bankiers, auch die Sparer sind von purer Gier gesteuert. Ich habe durch die Lektüre viel über das äußerst spannende und außergewöhnliche Leben der Adele Spitzeder und die kulturgeschichtlichen Geschehnisse ihrer Zeit gelernt.