Rezension

Bewegend

Noah
von Takis Würger

Bewertet mit 4 Sternen

Takis Würger hörte Noah Klieger das erste Mal 2017 über die Shoah sprechen. Nach dem Vortrag beschlossen die beiden Noahs Geschichte aufzuschreiben und so reiste Takis Würger nach Tel Aviv und die beiden begannen ihre Gespräche.

 

Als ich das Buch das erste Mal in Händen hielt ist mir weniger das Cover, das ja wirklich sehr schlicht ist, aufgefallen, als das tolle Bild auf der letzten Seite. Da wurde mir erst auch so richtig klar, dass dies kein fiktiver Roman ist.

Als ich der Geschichte von Noah lauschte wie er sich dem belgischen Widerstand anschloss, Auschwitz überlebte und auch danach den Untergang der Exodus ist mir eins aufgefallen. Dieses Buch ist sehr kurz und fasst ein ganzes ereignisreiches Leben prägnant zusammen. Man fliegt durch die Geschehnisse und es gibt keine genauere, detailreichere Erzählung über Noahs Leben, Gedanken und Gefühlen.

Das fand ich schon etwas schade, denn ich hätte gerne mehr über diesen jungen Mann erfahren, der so um sein Leben gekämpft hat, erfahren. Später, als Noahs Geschichte endet, bekommt man im Nachwort dann allerdings den Grund genannt, warum dieses Buch so kurz gehalten ist.

Selbst Takis Würger schreibt, dass er „gern mehr über vieles aus Noahs Leben geschrieben hätte, […] aber auf manche Fragen konnte und wollte er nicht anworten.“

Und so ist das Buch in der Tradition der Oral History geschrieben. Zeitzeugen erzählen die Geschichte so, wie sie sie erinnern.

Das machte es für mich im Nachhinein verständlicher.

Aber auch ohne diese Erklärung mochte ich Noah sehr gerne. Er ist jemand, der wie schon erwähnt um sein Leben gekämpft hat und auch wenn er kaum noch Hoffnung hatte, versucht hat weiterzuleben. Aber nicht nur für sich, er hat auch immer versucht anderen zu helfen. Sei es als er Kinder ins Ausland geschmuggelt hat oder als er versuchte einen Kameraden in Auschwitz zu retten. Ein sehr ergreifendes Schicksal, wie bei allen Überlebenden.

Hier fand ich vor allem sehr interessant, dass das Buch nicht mit der Befreiung aus dem KZ endete, man erfährt wie es mit Noah weitergeht und wie er trotzdem noch zu kämpfen hat. Denn wer meint, nach Auschwitz wurde alles besser, der irrt. Noah wollte nach Hause und das mit dem Flüchtlingsschiff Exodus. Das an der Küste Palästinas angegriffen wurde von britischen Soldaten.

Und auch danach ging sein Kampf weiter, denn wer wenn nicht die Überlebenden tragen die Geschichte der Shoah weiter?

Gut gefallen hat mir außerdem, dass einige der Personen, die Noah begegnen nochmal am Ende eine Erwähnung finden und man erfährt was ihnen widerfahren ist. Außerdem bleibt immer noch die große Frage „Wieso?“, die sich auch Noah selber immer wieder stellt.

Und genau diese Fragen sind es, die einem neben der eigentlichen Geschichte nicht mehr aus dem Kopf gehen.

Dieses Buch ist ganz klar ein Bericht und keine klassische Biographie, aber durch und durch emotional und mitreißend.

 

Mein Fazit: Wir brauchen Bücher wie dieses, damit wir nicht vergessen, denn wenn die Überlebenden sterben, dürfen die Erinnerungen an diese Gräueltaten nicht mit ihnen sterben. Noah war ein mutiger Mensch und hat für sein Leben und das Leben anderer gekämpft.

Die Frage „Wieso?“ steht über allem, denn für mich ist es einfach nicht verständlich und vorstellbar, wie das passieren konnte und doch müssen wir aufpassen, dass es nicht nochmal passieren kann. Deshalb lest die Bücher der Überlebenden, immer wieder wenn es sein muss, aber wir dürfen nicht vergessen was geschehen ist und müssen verhindern, dass sowas sich wiederholt. Danke Noah für deine Geschichte!