Rezension

Bewegend

Guten Morgen, Genosse Elefant - Christopher Wilson

Guten Morgen, Genosse Elefant
von Christopher Wilson

Bewertet mit 5 Sternen

Juri, 1940 geboren, überfahren vom Milchwagen, ist ein Idiot. Und Krüppel. Sagt man. Er beobachtet und registriert genau, flößt seiner Umwelt Vertrauen ein, ihm vertraut man Geheimnisse an. Er lebt mit seinem Vater, einem renommierten Veterinär im Zoo. Ein Tigerbaby zu wärmen oder Salamander am Spieß findet er nicht seltsam. Als er 12 ist, wird der Vater abgeholt und nimmt ihn mit. Was das in den 50-ern in der Union der Sozialistischen Republiken bedeuten kann, weiß man. Überraschend findet sich Juri als ersten Vorkoster des Stählernen Genossen wieder, mitten im Zentrum der Macht. 
Bis hier und noch weiter scheint es eine ironische Schilderung von einem Jugendlichen zu sein, der sich gnadenlos verstellt und als harmloser Depp agiert. Juris Schilderungen demontieren den Mythos Stalin, zeigen ihn als verschlagenen, heimtückischen und hinterhältigen Charakter. Genau wie seine „Genossen“. Brutale, widerwärtige und kriecherische Gestalten. Die wilde Orgien feiern, ihre Macht ausleben und sich für großartig halten. Juri urteilt nicht, er schildert, was er sieht. Er hofft immer darauf, dass Alles gut wird.
Ein Roman, beißende Satire, zynisch, triefend vor Sarkasmus. Und erschütternd. Historische Fakten kennt man, persönliche Schicksale - auch fiktive- berühren mehr. Dieses Buch von Christopher Wilson haut einen um.