Rezension

Bewegend, beeindruckend und großartig erzählt.

Naokos Lächeln - Haruki Murakami

Naokos Lächeln
von Haruki Murakami

Bewertet mit 5 Sternen

Was für ein Roman! Toru Watanabe ist der Ich-Erzählende Protagonist des Buches, der mit 17 den Selbstmord seines Freundes Kizuki verkraften muss. Dem nicht genug  verliebt er sich in dessen Freundin Naoko, die sich, gezeichnet vom Verlust ihres Freundes, selbst in ein offenes Sanatorium begibt.

Vor allem die Ausarbeitung der Charaktere beeindruckt über den gesamten Roman hinweg. Die feine Zeichnung des überschwänglich jugendlichen ist genauso deutlich wie die innere Zerfahrenheit, der Druck, das Ausprobieren und die Dissonanz zwischen eigenverantwortlichem Handeln und dem "sich treiben lassen". Einmal mehr haucht Murakami allen Akteuren leben ein.

Auch die großartigen Zeitsprünge, in denen immer im richtigen Moment aus der Zukunft rückwirkend die Geschehnisse Betrachtung finden, sind fabelhaft gelungen.

Das Ende des Buches macht die Geschichte rund, lässt einen aber, wie immer bei Murakami, mit vielen Fragen zurück.

Dem nicht genug übergibt er dem armen Leser wieder riesige Interpretationsspielräume. Vordergründig erzählt er nur eine, zugegebenermaßen tragische, Liebesgeschichte. Einen Schritt weitergehend beleuchtet er die Problematik des Strebens in die Gesellschaft von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Weiter interpretierend könnte man seine Schilderung der Geschichte mit der Suche nach der Perfektion, die sich nie in einer Sache bündeln darf und kann, erleben. Etc., Etc. 
Und - eben dies mag ich an Murakami sehr: er überlässt mir als Leser, was ich mir aus seiner Geschichte, die er eben einfach nur so erzählt, mitnehmen möchte.

"Naokos lächeln", das im Original nach dem Beatles Stück "Norwegian Wood" benannt wurde, ist so intensiv und meisterlich erzählt, das ich selbst die darin erwähnten Musikstücke quasi während des Lesens "mithören" konnte.  

"And when I awoke, I was alone, this bird had flown 
So I lit a fire, isn't it good, norwegian wood." (1965, Lennon–McCartney)

5*

Kommentare

Naibenak kommentierte am 25. Juni 2014 um 08:44

Tolle Rezension!!!!! Danke!!!!

Diese Intensität, von der Du sprichst, habe ich bei "Gefährliche Geliebte" ebenso gespürt - mein bisher einziges Buch, das ich von Murakami gelesen habe. Ich  empfand es als unglaublich beeindruckend, aber gleichzeitig auch anstrengend ;) Man sollte schon in der richtigen Stimmung sein, um sich darauf einlassen zu können. So zumindest habe ich es empfunden.