Rezension

Bewegend, berührend und realistisch

Grenzgänger - Mechtild Borrmann

Grenzgänger
von Mechtild Borrmann

Bewertet mit 5 Sternen

Aachen im Jahr 1970, vor Gericht steht Henni, Ende dreißig, verheiratet und zweifache Mutter. Dieser werden Verbrechen vorgeworfen, die äußerst kalt und grausam klingen. Ihre Freundin seit Kindertagen aus dem kleinen Dorf Velda in der Eifel, Elsa, jedoch kann kaum glauben, dass es wirklich Henni war, die diese Verbrechen begangen haben soll. Täglich fährt sie von der Eifel bis nach Aachen, um der Verhandlung beizuwohnen. Dort wird sie von einem jungen Mann angesprochen, ein Jurastudent, der sich für Hennis Geschichte brennend interessiert. Elsa lädt ihn zu sich nach Hause ein und dort erzählt sie ihm von Henni und deren Zeit nach dem Krieg und wie sie wirklich ist.
Meine Meinung
Ich habe bereits Trümmerkind von Mechtild Borrmann gelesen, doch was sie hier mit dieser Geschichte erzählt, hat mich tief berührt und bewegt. Doch beginnen wir von vorne: das Cover passt sehr gut zur Geschichte und spiegelt die Zeit, teilweise, wieder, in der die Handlung des Buches spielt. Der Einstieg in den Roman ist noch sehr ruhig gestaltet und zunächst hatte ich keine Ahnung, wohin die Autorin mit mir wollte. Dabei bleibt sie sprachlich sehr klar, beinahe schon sachlich und doch wirkt das Buch dadurch realer, auch wenn die eigentliche Geschichte hier fiktiv ist. Trotzdem werden durch die Worte der Autorin die Ereignisse klarer, deutlicher und man kann sich als Leser ebenfalls ein sehr konkretes Bild schaffen. Für mich war diese Art des Erzählens genau richtig, denn Borrmann versteht es ausgezeichnet durch ihre Art, den Leser zum Nachdenken und Mitdenken zu bringen. Ich habe gestern noch lange über das gegrübelt, was mir hier vermittelt wurde.
Nach dem der Einstieg noch eher ruhig war, wurde es immer spannender und bald schon war ich so gefesselt, dass ich das Buch erst wieder aus der Hand gelegt habe, als ich es beendet hatte. Was für mich persönlich noch ein Highlight ist, ist das die Geschichte in der Eifel und in Aachen spielt und da ich selbst nicht weit davon entfernt lebe, konnte ich mir alles noch einen Tick genauer und lebhafter vorstellen. Die Atmosphäre der Gegend hat Borrmann hier auf jeden Fall sehr gut und sehr deutlich getroffen.
Erzählt wird hier von Elsa im Jahre 1970, dabei ist diese gar nicht unbedingt die Protagonistin des Buches, auch wenn sie eine sehr wichtige Rolle einnimmt. Elsa erzählt Hennis Geschichte beginnend in der Kriegszeit bis hin ins Jahr 1970. Sowohl Rückblenden und die Gegenwart um 1970 wirkten glaubhaft und ich konnte beobachten, wie es Henni erging.
Ganz deutlich wird hier wieder, was der Krieg aus den Menschen macht, welche Nöte er auslöst. Hennis Familie bestand aus ihr, drei Geschwistern und den Eltern, doch ihr Vater wird einberufen und sie müssen schauen, wie sie ohne diesen zurechtkommen. Doch als der Vater wieder nach Hause kehrt, ist er nicht mehr der Alte, seine Hände zittern, so dass er seinen Beruf beim Juwelier nicht mehr ausüben kann. Hennis Mutter und sie selbst als Älteste beginnen für die Familie das Geld zu verdienen. Doch ihre Mutter verstirbt plötzlich und unerwartet und ab da beginnt das Schicksal seinen Lauf zu nehmen.
Auch wenn Hennis Geschichte reine Fiktion ist, so ist die Entstehung dieser doch auch auf wahre Begebenheiten geschrieben worden. Mechtild Borrmann hat hier sehr gut recherchiert, seien es die Orte in der Eifel, wie Monschau oder das hohe Venn, aber auch über etwas, was mich hier richtig erschreckt hat, nämlich wie es damals in den katholischen Kinderheimen von statten ging. Das ließ mich doch schaudern bis hin zu wütend werden, allerdings möchte ich an dieser Stelle nicht mehr verraten, denn diese Momente sollte jeder Leser auf sich wirken lassen.
Die Charaktere hat die Autorin sehr glaubwürdig und authentisch dargestellt. Gerade Henni, dieses noch so junge Mädchen, habe ich für ihren Mut und ihre Stärke bewundert. Genauso sehr habe ich den Vater regelrecht verachtet. Er hat mit Sicherheit sehr unter den Folgen des Krieges und einem Kriegstrauma gelitten, doch er entzieht sich hier jeglicher Verantwortung und lässt nach dem Tod seiner Frau alles in der Hand seiner Tochter.
Auch wenn es Elsa ist, die hier sehr viel von der Vergangenheit erzählt, bleibt sie eine Randfigur, wenn auch eine wichtige. Neben Elsa gibt es auch noch einige weitere wichtige Personen, die für den Fortgang und die Entwicklung der Handlung sorgen.
Mein Fazit
Wieder eine Rezension, bei der ich mir gar nicht sicher bin, ob ich meine Eindrücke der Geschichte wirklich in Worte fassen konnte oder zumindest in die richtigen Worte. Ich hätte gerne sehr viel mehr erzählt, doch eigentlich möchte ich, dass jeder Leser hier die Chance bekommt, selbst über das Gelesene nachzudenken. Ich bin tief beeindruckt von dem Werk der Autorin, die mich sehr berührt und nachdenklich zurück gelassen hat. EIn Buch, das ich sehr sehr gerne weiterempfehle.