Rezension

Bewegende Geschichte

Ich gab ihm mein Wort - Tamera Alexander

Ich gab ihm mein Wort
von Tamera Alexander

Bewertet mit 5 Sternen

„...Wenn Männer beschlossen, zu den Waffen zu greifen, zogen sie damit auch ihre Frau und jedes Kind in diesen Konflikt hinein. Die Frauen kämpften zwar an eine anderen Front, aber trotzdem kämpften sie...“

 

Wir schreiben das Jahr 1864. In Franklin auf der Carnton Plantage arbeitet Lizzie Clouston als Gouvernante. Sie unterrichtet Hattie und Winder, die Kinder der Familie McGavock, sowie deren Cousine Sally. Wegen des Bürgerkrieges lebt nur noch Tempy, die Haussklavin, auf der Plantage.

Lizzie lehnt die Sklaverei ab. Das aber weiß ihr Dienstherr nicht. Dabei gehen Lizzies Gedanken noch weiter, wie das folgende Zitat zeigt:

 

„...Sie war sich sicher, dass Tempy die Gelegenheit, lesen zu lernen, sofort ergreifen würde. Aber es verstieß gegen das Gesetz, einer Sklavin lesen und schreiben zu lehren...“

 

Von einem Moment zum anderen aber ändert sich die Situation. In der Nähe der Plantage kommt es zu einer schweren Schlacht zwischen den Unionssoldaten und der Armee des Südens. Ins Haus der Familie McGavock werden die verletzten Offiziere und Soldaten gebracht. Dazu gehört auch Hauptmann Roland Jones. Gleichzeitig bangt Lizzie um das Leben ihres Freundes Towny, der auch zur Südstaatenarmee gehört.

Die Autorin hat einen fesselnden und bewegenden historischen Roman geschrieben. Es ist keine leichte Lektüre, denn die Folgen von Krieg und Kampf sind unmittelbar Inhalt der Geschichte.

Der Schriftstil ist ausgefeilt und dem Ernst der Situation angepasst. Lizzie stellt sich dem Militärarzt zur Verfügung und übernimmt bei den Operationen die Narkose. Alles, was sie dabei sieht, lässt in ihr die Frage aufkommen:

 

„...Wie viele Arten, sich gegenseitig zu töten, würden die Menschen noch erfinden?...“

 

Hauptmann Jonas hat selbst Sklaven. Es wird deutlich, dass er menschlich mit ihnen umgeht. Das ändert aber nichts daran, dass sie unfrei sind. George, sein Sklave, mit dem er aufgewachsen ist und der nun zu ihm gekommen ist, macht das gegenüber Lizzie deutlich. Aussagekräftige Gespräche zwischen Lizzie und Roland thematisieren die Sklavenhaltung. Sie gehen in die Tiefe. Der Hauptmann steht auf den Standpunkt, dass es ohne die Sklaven im Süden keinen Fortschritt gibt. Gekonnt gelingt es der Autorin allerdings, ihn nach und nach zum Nachdenken zu bringen. Dazu tragen zum einen Lizzies Argumente bei. Die klingen so:

 

„...Ich bezweifle, dass einer von uns freundlich darauf reagieren würde,wenn ein anderer Mensch für uns entscheidet, was wir können und was nicht oder wohin wir gehen können und wohin nicht...“

 

Zum anderen erlebt Roland auf Grund seiner Verletzung, was es heißt, plötzlich nur noch begrenzt frei und selbst auf Entscheidung und Wohlwollen anderer angewiesen zu sein.

Im Haus der Familie sind Tod und Sterben allgegenwärtig. Für viele Verletzte ist es eine Zeit zwischen Hoffen und Bangen. Auch die Kinder der Familie werden damit konfrontiert. Dass es trotz aller Hilfsbereitschaft selbst in der Situation Kranke gibt, die ausfallend werden, ist schwer nachvollziehbar. Hier sorgt vor allem die Nonne Catherine schnell für klare Fronten. Sie weiß sich selbst gegen die Forderungen der Unionsoffiziere durchzusetzen.

Als besondere Stilmittel hat die Autorin verschiedene Briefe ins Geschehen integriert. Ein Junge von 14 Jahren stirbt und hinterlässt eine Nachricht an seine Mutter. Ein Offizier trägt einen Brief bei sich, der an sein Kind gerichtet ist, dass er nie gesehen hat. In dem Zusammenhang bekommt das Eingangszitat eine ganz neue Bedeutung.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ist nicht ein Plädoyer gegen Sklaverei und für die Freiheit eines jeden Menschen. Es öffnet die Augen, für die Grausamkeiten des Krieges.

Das Buch beruht auf Tatsachen. Es erzählt eine Familiengeschichte nach, die ähnlich stattgefunden hat und zeugt von der umfangreichen Recherche der Autorin.

Roland hat im Laufe des Geschehens die Sklaverei und seine Zukunft zunehmend unter der Sicht des Glaubens betrachtet. Dabei hört er in Gedanken eine Frage, mit der ich meine Rezension beenden möchte, weil sie für jeden von uns in vielen Situationen aktuell ist:

 

„...Wovor hast du Angst, geliebtes Kind?...“