Rezension

Bewundernswert!

Mut und Menschlichkeit - Tankred Stöbe

Mut und Menschlichkeit
von Tankred Stöbe

Bewertet mit 5 Sternen

»Der Distrikt zählt mit der zweithöchsten Todesrate zu den von politischen Unruhen am stärksten betroffenen Gegenden im Westen Nepals. Alle Auslandsbotschaften raten eindringlich von einem Besuch dort ab, und doch war genau diese Region mein Ziel.«

Stell dir vor, es ist Krieg und du gehst hin. Dieser abgewandelte Spruch ging mir beim Lesen des Buchs ständig durch den Kopf.

Dr. med. Tankred Stöbe arbeitet seit 17 Jahren für „Ärzte ohne Grenzen“. In dieser Zeit hat er 19 Einsätze in 15 Ländern absolviert, war in Myanmar, Nepal und Liberia, in Indonesien, Uganda und im Gazastreifen, im Sudan, in Syrien, Sierra Leone und auf einem Rettungseinsatz im Mittelmeer. Dazwischen arbeitet der Internist und Intensivmediziner als leitender Notarzt in Berlin und wurde von der Bundesärztekammer mit der Paracelsus-Medaille ausgezeichnet.

 

Ich habe schon immer enormen Respekt und Bewunderung für Ärzte und Helfer empfunden, die sich in die Krisengebiete der Welt wagen, die bereit sind, größte Strapazen und Lebensgefahr auf sich zu nehmen, um anderen Menschen zu helfen. Das könnte ich nicht. Überhaupt frage ich mich, wie man mit diesen seelischen Belastungen fertig wird, mit so viel erlebtem Elend und Grausamkeiten.

 

Wenn Tankred Stöbe über seine Einsätze berichtet, klingt ein unerschütterlicher Mut und Enthusiasmus durch. Und das, obwohl er im Einsatz nicht „nur funktioniert“, sondern sich auf die Menschen einlässt, auch viele Gespräche mit ihnen führt, nicht selten nur zuhört, ohne wirklich helfen zu können. Das muss man ertragen können.

 

In seinen Berichten schildert er eine Grenzerfahrung nach der anderen. Seine Patienten sind Opfer von Gewalt und/oder bitterer Notlagen, ich lese von furchtbaren Grausamkeiten - aber auch Geschichten voll Hoffnung, denn es gibt auch Lichtblicke und schöne Erlebnisse. Ich schwanke beim Lesen zwischen Entsetzen, Trauer, Ergriffenheit und immer wieder Bewunderung für den Einsatz der Helfer und nicht selten den Lebensmut der betroffenen Bevölkerung. Wenn man dann darüber nachdenkt, worüber man selber oft jammert…

Tankred Stöbe pendelt zwischen zwei Welten, denn eine andere Welt erlebt er bei seiner Arbeit in Berlin. Wie empfindet er dort seine Arbeit auf der Intensivstation? Wird nicht alles, was für uns selbstverständlich ist, in ein anderes Licht gerückt?

 

Fazit: Grauslich faszinierender Bericht über bewundernswerten Einsatz in den Krisengebieten der Welt. Schockiert, macht aber auch Hoffnung. Und schärft den Blick für das Wesentliche.

 

»Ich habe weniger Angst vor den Schwierigkeiten dieser Welt, weil ich gesehen habe, was Menschen in Extremsituationen leisten können. Jeder kann über sich hinauswachsen.«