Rezension

Bewundernswerter Umgang mit Sprache

Schilf - Juli Zeh

Schilf
von Juli Zeh

Bewertet mit 4.5 Sternen

Gekonnt verwebt Zeh in ihrem Werk „Schilf“ Krimi und Freundschafts- bzw. Liebesroman mit physikalischen Theorien und philosophischen Fragen. Und was dabei herauskommt ist einfach großartig. Im Mittelpunkt des Romans stehen die beiden Physiker Sebastian und Oskar, die seit ihrer Studienzeit eine sehr außergewöhnliche, innige Freundschaft verbindet. Diese Freundschaft beginnt allerdings zu wackeln, als beide sich für unterschiedliche Lebensmodelle entscheiden. Sebastian heiratet, wird Vater und nimmt eine Professorenstelle an der Freiburger Uni an. Nebenbei beschäftigt er sich mit Paralleluniversen und versucht deren Existenz zu beweisen. Oskar, der als theoretischer Physiker in Genf arbeitet und ein eher dandyhaftes Junggesellenleben führt, belächelt seinen Freund deswegen. Eines Tages wird jedoch Sebastians Sohn an einer Autobahnraststätte entführt. Für die Freilassung verlangt der Entführer von Sebastian einen hohen Preis. Sebastians Welt gerät ins Wanken und er verliert zunehmen die Kontrolle. Zeh hat wirklich ein Talent dafür, sehr einzigartige, außergewöhnliche Charaktere zu entwerfen und eine einmalige, besondere Atmosphäre zu schaffen. Zudem kann sie einfach bewundernswert gut mit Sprache umgehen. Der ganze Roman steckt voller ausdruckstarker Bilder und brillanter Sätze. Da hat es mich auch gar nicht gestört, dass die Sprache an manchen Stellen vielleicht ein wenig zu Metaphern-überladen ist. Die Geschichte ist spannend, klug und poetisch. Die Thematik zudem äußerst interessant – auch, wenn man (so wie ich) von Physik überhaupt keine Ahnung hat. Einziger Kritikpunkt: Das Ende war an sich gut, konnte aber mit dem Rest der Geschichte nicht wirklich mithalten. Großartige Prosa, die ich sehr empfehlen kann. Man darf nur nicht den Fehler machen und einen „echten“ Krimi erwarten.