Rezension

Bezaubernde Welt, doch gemessen an den Vorbänden etwas schwach

Die Flammen der Dämmerung - Peter V. Brett

Die Flammen der Dämmerung
von Peter V. Brett

Es kann nur einen Erlöser geben... Noch immer muss sich die Menschheit Nacht für Nacht den Dämonen stellen. Sobald die Dämmerung einsetzt, steigen sie aus dem Hort hinauf und töten jeden, der nicht schnell genug hinter Bannsiegeln geschützt ist. Doch nicht nur die Dämonen sind eine Gefahr, das Wüstenvolk aus dem Süden sorgt dafür, dass bald der Krieg auch tagsüber stattfinden könnte - diesmal zwischen den Menschen. Am Ende wird es nur einen Erlöser geben - Arlen Strohballen oder Jadir, der Herrscher der Wüste. 

Mein Eindruck
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Was habe ich lange auf diese Fortsetzung gewartet! 2009 hat die Reihe mit "Das Lied der Dunkelheit" begonnen, 2010 folgte die Fortsetzung "Das Flüstern der Nacht". Danach hieß es drei Jahre warten... Ich kann sagen, größtenteils hat sich das Warten gelohnt, an manchen Stellen blieb es aber hinter meinen Erwartungen zurück.

Im Mittelpunkt steht zunächst Ineveras Geschichte. Wir erfahren mehr über ihre Vergangenheit, nämlich wie sie von der Tochter einer einfachen Korbflechterin zu einer mächtigen Damaji'ting wurde. Inevera wächst in der Wüste auf, hier herrscht noch eine strenge Rollenverteilung. Die Männer stellen sich nachts dem Kampf gegen die Dämonen, die Frauen sorgen unterwürfig für alles Restliche. Damaji'ting sind eine Besonderheit, sie sind Priesterinnern des Volkes und können mit ihren magischen Würfeln einen Blick in die Zukunft erhaschen. Ineveras Ausbildung ist hart, nur sehr selten wird ein einfaches Mädchen von den Würfeln erwählt. Der Preis sind Missgunst und Machenschaften ihrer Mitanwärterinnen. Eindrucksvoll zeigt Peter V. Brett hier auf, wie aus Inevera die berechnende und harte Frau der vorherigen Bände wurde. Ein Abschnitt, der mir richtig gut gefallen hat!

Doch auch mit den anderen Charakteren geht es weiter. Hier muss ich leider sagen, ich kann Renna überhaupt nicht ausstehen. Ich weiß nicht, was sich der Autor hierbei gedacht hat, aber für mich ist sie der schlimmste Buchcharakter ever. Klar, hat sie keine einfache Vergangenheit, aber muss man sich deshalb so aufführen? Bei jeder Gelegenheit geht sie an die Decke, beleidigt ihre Mitmenschen und wird dabei nicht selten handgreiflich. Diese Frau ist sozial völlig inkompatibel! Ehrlich gesagt habe ich die ganze Zeit darauf gewartet, dass sie von einem Dämonen gefressen wird. Leider kommt Renna nicht gerade selten vor, überhaupt gefällt mir die Charakter Konstellation im Moment gar nicht. Doch das ist eine Entwicklung, für die sich der Autor entschieden hat, es sind eben seine Gedanken und nicht die Wünsche der Leser, die das Buch tragen. Wer weiß, ich hoffe ja noch auf den letzten Teil!

Dafür ist Rojer, der Jongleur, ein absoluter Lichtblick! Was habe ich gelacht, über seine Veränderungen im Liebesleben. Einfach göttlich. Überhaupt ist es schön, wieder über all die anderen, lieb gewonnen Charaktere zu lesen. Bretts Schreibstil ist angenehm leicht und flüssig, bei seinen Büchern fühle ich mich einfach zu Hause. Im Gegensatz zu vielen High Fantasy Büchern, findet man sich in diese Welt schnell hinein. Das System der Bannsiegel, der Dämonen, der verschiedenen Kulturen, alles an sich komplex, doch Brett präsentiert es einem Stück für Stück und überfordert nicht. Im Laufe der Bände kommen mehr und mehr Enthüllungen dazu, denn auch die Dämonen gehen nicht ohne Taktik vor.

Für mich waren die 1000 Seiten, ein Wechsel aus Aufs und Abs. Es ist zwar schön, dass wir mehr Details über, zum Beispiel Ineveras Vergangenheit erfahren. Doch im Grunde wiederholen sich Szenen der vorherigen Bände, nur diesmal aus einem anderen Blickwinkel. Um das Niveau der vorherigen Bände zu halten, hätte für mich mehr Neues kommen müssen und vor allem auch permanent Spannung herrschen müssen. Es gibt einige Wechsel und Abschnitte, die den Band langatmiger machen, als er sein müsste. Wenn ich auf den ganzen Band zurückblicke, fand ich es zwar gut geschrieben, doch hätte mir mehr Fortschritt gewünscht. Ich glaube, in den drei Jahren hat sich Brett ein wenig verzettelt, 200 Seiten weniger, hätten es meiner Meinung nach auch getan.

Das Ende ist ein absoluter Cliffhanger, ich hoffe wirklich, es wird nicht wieder 3 Jahre bis zum Abschluss der Reihe dauern! Dafür war der letzte Abschnitt ein Showdown vom Feinsten, er hat genau die Spannung und das Tempo gehabt, das ich mir für die Abschnitte zuvor gewünscht hätte.

Fazit
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Wie kann man ein Buch mit 1000 Seiten, in wenigen Worten beschreiben? Wie ihr seht, gar nicht. Peter Bretts "Demon Cycle" Reihe hat sich mittlerweile schon zu einem regelrechten Epos entwickelt. Der Aufdruck auf der Rückseite "Vergleichbar mit Der Herr der Ringe" ist dann schon etwas zu hoch gegriffen. Dennoch bekommt man hier ebenso eine komplette Welt, mit eigenen Kulturen, eigener Geschichte und zusätzlich dem Fluch der Dämonen, geboten. 
Ich habe mich riesig gefreut, wieder in diese Welt einzutauchen. Überschattet wurde meine Freude mit der eher ungünstigen Charakterkonstellation und teilweise langatmigen Stellen. Die Rückblicke der Vergangenheit bringen Tiefe, sind aber im Grunde nur Wiederholungen aus anderer Sichtweise. Nichtsdestotrotz ist diese Wertung kaum, mit zum Beispiel einem einfachen Jugendbuch, zu vergleichen. Peter V. Brett hat eine komplette Welt geschaffen, muss sich dafür aber an seinen eigenen Bänden messen.