Rezension

Bilder des Schicksals – Fesselnder, geheimnisvoller Jugendthriller in harmonischer Sprache

Dark Noise - Margit Ruile

Dark Noise
von Margit Ruile

Bewertet mit 4 Sternen

Der junge Computer-Nerd Zafer lebt gewollt zurückgezogen in seiner eigenen Welt, denn die Wirklichkeit, die er stets auf Distanz hält, ist im zu laut und zu bunt. Sein Geld verdient er durch die Bearbeitung von Bildsequenzen in Filmen und Doku-Soaps, aus denen er beispielweise Werbungen retuschiert.

Eines Tages erhält er den anonymen Auftrag, mit knapper Zeitvorgabe, einen Mann in ein Überwachungsvideo einer Tiefgarage einzufügen. Wenige Tage später erkennt er den Mann in den Nachrichten wieder und ist entsetzt, dass man diesen für den mutmaßlichen Täter eines Journalistenmordes hält.

Zafer weiß, dass der Verdächtige auf dem Überwachungsvideo nie wirklich in der Tiefgarage war.

Die Autorin:

Margit Ruile wurde 1967 in Augsburg geboren. Sie studierte an der Münchner Filmhochschule, wo sie nach ihrem Abschluss mehr als zehn Jahre in der Lehre tätig war, drehte Dokumentationen und arbeitete als Drehbuchlektorin.

Auch das Geschichtenerzählen lernte sie zuerst beim Film. Später fand sie dann heraus, dass Schreiben sich anfühlt wie im Schneideraum zu sitzen - mit dem riesengroßen Vorteil, dass man die fehlenden Szenen nicht nachdrehen muss, sondern einfach erfinden kann.

Margit Ruile lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern in München. (Quelle: Loewe Verlag)

Reflektionen:

Als All-Age-Thriller habe ich Dark Noise definitiv nicht empfinden können, aber als Jugend-Thriller im Jugendbuchsegment finde ich ihn gut platziert.

Dark Noise zeigt auf wie manipulativ unsere visuellen Wahrnehmungen sind. In der fiktiven Geschichte von Dark Noise sind es hoch intelligente Menschen, die ihre Gier nach Macht und persönlichen, wirtschaftlichen Interessen skrupellos über alles stellen. Wie weit darf Überwachung gehen und was ist echt und was fake? Der Bezug zur realen Welt ist damit hergestellt und kann durchaus gesellschaftskritisch betrachtet werden.

Margit Ruile erzählt eine sprachlich klangvolle Geschichte. Sie formuliert sanft und harmonisch und, sie bedient sich dabei einer angenehm klaren Sprache, die es jedem Leser ermöglicht, von leichter Hand in die Geschichte abzutauchen.

Obwohl ich selten Jugendromane lese, habe ich es diesmal sehr genossen auf eine ruhigere, aber dennoch bestimmende und fesselnde Weise unterhalten zu werden. Margit Ruile gelingt es spielend leicht eine geheimnisvolle Stimmung aufrecht zu erhalten, bis die letzte Seite gelesen ist.

Bereits nach den ersten gelesenen Seiten geschieht ein Mord. Unblutig und ohne jedes erläuternde Detail gelingt es der Autorin von da an eine Grundspannung aufzubauen. Diese hält sich eine Zeitlang, aber um mich persönlich mit Spannung zu fesseln bedarf es etwas mehr. Spannungshöhepunkte blitzten immer mal wieder auf, ich genoss diese auch, aber eine gleichbleibend knisternde Spannung konnte ich nicht empfinden. Trotzdem entwickelt die Geschichte einen Sog, der der rätselhaften und geheimnisvollen Stimmung und den interessant gezeichneten Charakteren zuzuschreiben ist.

Besonders gut hat mir die Zeichnung des jungen Protagonisten Zafer gefallen, der sich im Laufe der Geschichte zum ersten Mal verliebt. Er ist Computer-Nerd, bearbeitet Bildsequenzen in Filmen und Videos und er erhält seine Aufträge online. Er hasst es sich artikulieren zu müssen und lebt deshalb gewollt zurückgezogen. Er hält zur wirklichen Welt eine Distanz, da sie ihm zu laut und zu bunt erscheint und er bezeichnet alle, außer sich selbst, als Menschen in der Sonne. Nur manchmal wird er aus seiner Welt gerissen, wenn seine kleine Schwester Lebendigkeit mit in seine einfache Wohnung weht. Doch als die Geschichte um Dark Noise beginnt, muss er sich hinauswagen.

Dieser Jugend-Thriller ist mal heiß und mal kalt und so gegensätzlich zu bewerten wie Feuer und Eis. Dark Noise ist sprachlich harmonisch, fast anmutig und geheimnisvoll fesselnd. Aber, er ist nicht mit ausreichend knisternder Spannung gesegnet.

Die Auflösung überraschte durch interessant inszenierte Wendungen und Inhalte, aber es blieb auch etwas Leere in mir zurück, die ich gern mit einem intensiveren Showdown befüllt gesehen hätte.

Fazit und Bewertung.

Dieser Jugend-Thriller ist mal heiß und mal kalt und so gegensätzlich zu bewerten wie Feuer und Eis. Dark Noise ist sprachlich harmonisch, fast anmutig und geheimnisvoll fesselnd. Aber, er ist nicht mit ausreichend knisternder Spannung gesegnet.