Rezension

bildgewaltig, erschreckend, nachdenklich stimmend – regiert Schönheit alles?

The Belles - Dhonielle Clayton

The Belles
von Dhonielle Clayton

Bewertet mit 4.5 Sternen

Eine Belle zu sein, ist eine Ehre. Eine Belle zu sein, verpflichtet einen dazu der Gesellschaft etwas Gutes zu tun, ihnen Schönheit zu bringen und sie nicht für sich zu behalten. Eine Belle zu sein erfordert Disziplin, Freundlichkeit und wenig Nachfragen. Eine Belle zu sein ist gar nicht so leicht, wenn die Welt, in die man unbedingt eintauchen möchte, dann gar nicht mehr so ist, wie man sie sich vorgestellt hat.

Camelia ist eine Belle der aktuellen Generation. Gemeinsam mit ihren Schwestern wurde sie jahrelang auf ihre Aufgabe vorbereitet, hat unermüdlich geübt, experimentiert und ihre Fähigkeiten verfeinert. Als dann der große Tag gekommen ist, an dem sie in der Öffentlichkeit präsentiert wird, um endlich ihr Können unter Beweis zu stellen, beginnt ihre Welt sich zu ändern. Immer schneller, immer erschreckender und bald weiß sie nicht mehr, woran sie glauben und wofür sie kämpfen soll.

 

Zu Beginn der Geschichte wird man erst mal ein wenig von der blumigen Sprache erschlagen. Camelia entdeckt die Welt außerhalb ihres Zuhauses und ist schier überwältigt. Diese Stimmung übertrug sich auch sofort auf mich. All die Eindrücke, die auf einen einprasseln, musste man erst mal sortieren. Auch im Verlauf des Buches wird die sehr ausgeschmückte, bildgewaltige Sprache beibehalten, ich hatte mich allerdings nach wenigen Seiten daran gewöhnt und konnte mich dann gut darauf einlassen. Die Ausdrücke und Formulierungen passen auch einfach gut zu der Geschichte der Belles, der Gesellschaft, die nach Schönheit giert und all den Dingen, die Camelia zum ersten Mal sieht und erlebt. Die wallenden, farbenfrohen, ausgefallenden Roben, die ganz verschiedenen Haarkreationen und Hautfärbungen in jeder Nuance zeigen, wie vielfältig die Menschen, die es sich leisten können, auf die Fähigkeiten der Belles und die Kunstwerke der Modedesigner zurück greifen. Immer wieder gibt es wahre Farbexplosionen, die die Möglichkeiten Wirklichkeit werden lassen. Immer mehr, immer schöner, immer kostbarer, immer ausgefallener ist da das Motto, dass sowohl für die Kleidung, als auch für die Veränderungen an den Körpern gelebt wird.

Der Aufbau der Welt ist wirklich interessant gewählt und war für mich in der Form neu. Nach einem Fluch sind die Menschen alle ziemlich gewöhnlich, grau, mit strohigen Haaren, blasser Haut und, in ihren Augen, wenig Besonderheiten. Da sie das nicht auf sich sitzen lassen wollen, hoffen alle auf die Fähigkeiten der Belles, die es möglich machen, außergewöhnlich und schön zu sein und sich damit von der breiten Masse abzuheben. Den Menschen im Buch gibt es nicht zu denken, dass sie immer höher hinaus wollen und immer mehr dafür in Kauf nehmen, zu bekommen, was sie sich erträumen. Mir hat es aber schon einige Gedanken bereitet. So fern von dem, was man in der Realität erlebt, ist es am Ende wohl nicht- leider. Das unterstreicht auch die Botschaft im Nachwort des Buches noch einmal.
Durch die Ich-Perspektive von Camelia bekommt man einen intensiven Einblick in die Welt der Belles, in die ganz persönliche Denkweise von Camelia und welche Gefühle all die neuen Situationen in ihr auslösen. Die Belles sind sehr streng und regeltreu erzogen worden, doch bei Camelia blitzt im Verlauf des Buches immer häufiger durch, dass sie nicht bereit ist, sich da bedingungslos dran zu halten. Es zeigt ihre starken Charakter, ihren eigenen Willen, der trotz der Erziehung nicht ganz verloren gegangen ist und sich jetzt nach vorn kämpft. Die Belles sind es nicht gewohnt, frei zu entscheiden und frei zu handeln. Da den Mut aufzubringen, aus seinen Fesseln auszubrechen, kann nicht von heute auf morgen passieren und war für mich in dem Fall nachvollziehbar. Allerdings bringen ihr die Eigensinnigkeit und die große Macht, die in ihr wohnt, auch einiges an Problemen.
Umso weiter man in der Handlung voranschreitet, umso erschreckender und spannender wird es. Zu Beginn habe ich einige Vorahnungen gehabt, zum Glück hat sich die Geschichte an vielen Stellen dann aber doch ganz anders entwickelt, so dass man überrascht und alles durcheinander gewirbelt wird. Einige Aspekte bleiben zwar vorhersehbar, auch für Camelia, aber die Entwicklung der Geschichte rund um diese Ahnungen, Ängste und Gefahren, ist dennoch spannend zu verfolgen.

Am Ende ist viel passiert, sowohl in und mit Camelia, als auch mit den Menschen in ihrer direkten Umgebung und der Welt an sich. Es bleibt aber auch einiges ungeklärt bzw. die Möglichkeiten, die sich nun ergeben, sind zahlreich. Ich bin gespannt, wie es weiter gehen wird mit Camelia und den anderen.

 

Fazit

Eine bildgewaltige, blumig ausgeschmückte Geschichte, in der sich fast alles um Schönheit, teure Kleidung und perfektes Styling dreht, die aber keineswegs oberflächlich bleibt. Die Geschehnisse haben einen tieferen Hintergrund und das wird immer wieder angedeutet bzw. erwacht nach und nach auch im Bewusstsein der Charaktere, auch wenn viele es noch nicht wahrhaben wollen. Für meinen Geschmack hätte das an einigen Stellen noch etwas deutlicher werden bzw. früher auftreten können, ich hoffe aber darauf, dass es im nächsten Band noch folgen wird. die erschreckende Entwicklungen lassen die Handlung zum Schluss noch interessanter und spannender werden. Ich bin wirklich neugierig, wie es weiter gehen wird, was man noch über die Belles und die Welt an sich erfährt und wohin Camelias Reise sie noch führen wird.

 

Vielen Dank an den Verlag und die Netzwerk Agentur Bookmark für das bereitgestellte Rezensionsexemplar!