Rezension

Bildgewaltige Sprache begleitet von harten Szenen

Die Attentäter - Antonia Michaelis

Die Attentäter
von Antonia Michaelis

Bewertet mit 4 Sternen

„Die Attentäter“ handelt von Alain, Margarete und Cliff, die im selben Haus in Berlin aufwachsen. Während Margarete und Alain aus wohlbehüteten Elternhäusern stammen, leben Cliffs Eltern getrennt. Körperliche Gewalt durch seinen Vater und die Abstoßung durch die Mutter lassen ihn an seinem Platz in der Gesellschaft zweifeln. Schließlich konvertiert er zum Islam und Alain ahnt schnell, dass er wohl zu den Anhängern des IS gehört. Doch er und Margarete hoffen inständig, dass Cliff sich nur zum Schein eingeschleust haben, sie klammern sich an das Bild von Cliff, das sie in ihren Herzen behalten. Doch wie denkt Cliff wirklich?

Ein aktuellerer Stoff kann der fiktionale Büchermarkt wohl derzeit nicht bieten. Der IS, Terror in Paris, dazu die Flüchtlingskrise. All diese Themen sind in „Die Attentäter“ vereint und ich war sehr gespannt, wie diese Aktualität hier beschrieben und bewertet wird.

Der Einstieg fiel mir etwas schwer. Ich bin ein „Antonia-Michaelis-Frischling“. Ich kannte ihre bildliche und getragene Sprache also noch nicht. Aber ich bin dieser Sprache nicht grundsätzlich abgeneigt, zumal ich schnell merkte, dass ich mich daran gewöhnen kann und dass die erzeugten Bilder wirklich sehr aussagekräftig und bleibend sind. Die Grundstruktur der Geschichte ist klar strukturiert. Die Geschichte wird wechselseitig aus Alains und Cliffs Perspektive erzählt. Sowohl die Vergangenheit, als auch die Gegenwart werden abgearbeitet und jedes Kapitel endet mit einem Brief von Margarete, der entweder an Alain oder Cliff gerichtet ist. Zudem wird deutlich, dass Margarete sich offenbar schon auf dem Kenntnisstand vom Ende befindet und so werden durch die Briefe bereits häppchenweise Informationen geliefert, die erst recht zum wilden Spekulieren einladen.

Die Grundidee der Geschichte finde ich wirklich super. Neben der Aktualität des Themas überzeugen mich die Einblicke in den IS, die Gedankenwelt und vor allem natürlich: wie gehen Jugendliche damit um? Warum sind gerade sie so schnell zu rekrutieren? Ich finde, dass „Die Attentäter“ einige spannende Antworten bereithält.

Die drei Hauptfiguren sind sehr verschieden und auch keineswegs prototypisch angelegt. Dadurch ist mir lange nicht gelungen ihre Persönlichkeiten wirklich zu packen und mich mit ihnen zu identifizieren. Mal ist Alain nur ein Träumer, mal ein Mitläufer, mal ein Held. Cliff scheint irgendwie die Hauptfigur zu sein und ist dennoch auch immer wieder um 180° anders. Die Charaktere sind einfach hochkomplex und dadurch nicht immer so leicht zu durchschauen.

Der Verlauf der Handlung- wie Vergangenheit und Gegenwart immer mehr aufeinander laufen und zu verschmelzen drohen, wie am Ende ein ungeheurer Spannungsbogen geboten wird, der die Seiten nur so fliegen lässt und wie auch ein interessantes Ende geboten wurde- das konnte ich wirklich bewundern. Gleichzeitig aber bin ich an manchen Stellen regelrecht entsetzt und abgestoßen gewesen. Alle harten Szenen, die das Thema natürlich zwangsweise begleiten, werden gnadenlos durchgezogen und dass mit einen Hauptfigur durchzuziehen, die man eigentlich gerne mögen würde, ist schon wirklich hart. Und vor allem das Ende ist natürlich nichts für schwache Gemüter.

Fazit: Vor der Lektüre bei eher unsicheren Lesern würde ich definitiv eine Leseprobe dieses Jugendbuchs empfehlen. Der Schreibstil ist nicht gewöhnlich, man muss mit dem bildlichen Sprachstil leben können und sich vielleicht begeistern lassen. Man muss harte Szenen aushalten kann. Unabhängig davon empfehle ich „Die Attentäter“ aber wegen der Aktualität des Themas. Und dann so verpackt, wird das Buch einem lange in Erinnerung bleiben, zumal das Thema uns ja noch eine Weile begleiten wird.