Rezension

Bildung

Befreit - Tara Westover

Befreit
von Tara Westover

Bewertet mit 4 Sternen

Sie unterrichten ihre Kinder daheim, schließlich ist das Ende nah und die Schulen sind sowieso von anderen Mächten infiltriert. So ungefähr denken die Eltern der jungen Tara und die streng gläubigen Mormonen ziehen ihre Kinder in den abgeschiedenen Bergen Idahos groß. Doch Taras Großmutter hat einen anderen Blick auf die Welt und die älteren Geschwister haben die Schule wenigstens noch kennen gelernt. Zwar genießt Tara das Leben in den Bergen, dennoch merkt sie, dass ihr etwas fehlt. Als kleine Freiheit darf sie im Kirchenchor singen und an Theateraufführungen teilnehmen. Künftig möchte sie gerne Chorleiterin werden, doch dazu braucht sie einen Studienabschluss.

 

Hat man eine vermeintlich normale Kindheit durchlaufen, fällt es doch schwer, sich in Taras Welt hineinzuversetzen. Dort werden Menschen gemieden, Nahrungsmittel für die drohende Apokalypse gehortet, die Hilfe von Ärzten bei Geburt und Krankheit abgelehnt. Die Mutter gilt als Naturheilerin und Hebamme. Der Vater lässt die Kinder auf seinem Schrottplatz und seiner kleinen Baufirma arbeiten lange bevor Kinder arbeiten sollten. Zwar haben sie die grandiose Berglandschaft, die Natur und die Familie. Doch sie leben ohne Absicherung in großer Gefahr insbesondere bei Unfällen oder Krankheiten. In einer Welt, in der Frauen nichts zu sagen haben, bei Grausamkeiten schweigen und wegsehen. In einer Welt, in der Männer meinen, alles sei ihnen unter dem Deckmäntelchen des sogenannten Wohls der Familie erlaubt.

 

Als die inzwischen 17jährige Tara beginnt, für die Aufnahmeprüfung zum College zu büffeln, öffnet sich ihr nach und nach eine ganz andere Welt. Sie beginnt zu hinterfragen, was in ihrer Familie vorgeht. Und auch wenn es sehr lange dauert, bis sie sich gegen einige Familienmitglieder auflehnen kann, so macht sich Tara doch auf den Weg in die Welt verschiedener Universitäten, in die Welt der Bildung. Was für Jugendliche mit einem bildungsnäheren Hintergrund einfach eine Ablösung vom Elternhaus ist, ist für Tara die Entdeckung einer anderen Welt. Zwar auch eine Befreiung von den krankhaften Verhaltensweisen in der Familie, aber damit nicht nur eine Ablösung sondern eine Trennung. Doch Tara geht ihren Weg der Bildung und der Befreiung, auch wenn es einen teilweisen Verzicht auf den Familienrückhalt bedeutet. Sie ist anständig, obwohl sie gebildet ist.

 

Mit starken Worten schildert die Autorin ihren eigenen Weg zur Bildung, der von Schmerzen und Rückschlägen geprägt, doch in Richtung Freiheit durch die freie Lehre führt.