Rezension

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Bin ich zu alt für Jugendbücher geworden?

Ewig & immer - Die Geheimnisse der Lady Halewood -

Ewig & immer - Die Geheimnisse der Lady Halewood
von Alexandra Fischer-Hunold

Bewertet mit 2 Sternen

„So bibliophil wie mein Bruder kann kein zweiter Mensch auf der Welt sein […]. Er sammelt jede lesenswerte Erstausgabe wie ein Eichhörnchen seine Nüsse. Kaum ist ein neues Buch auf dem Markt, muss er es haben, um es allen stolz zu präsentieren.“ (S.85)

Juno Sondorf ist 18 Jahre, kommt aus Aachen und soll als Gesellschaftsdame bei den Calvertons angestellt werden. Sie hat erst vor kurzem ihr Abitur beendet, ihre Großmutter zu Grabe getragen und wünscht sich von dem Jahr auf dem englischen Anwesen etwas Erholung und Abwechslung. Juno liest gerne Literatur aus dem 19. Jahrhundert, schaut Serien wie Downton Abbey und Bridgerton, und läßt, wie es sich gehört, englische Wörter in ihren deutschen Sprachgebrauch fließen.

„Die glaubt mir doch kein Wort, wenn sie heute Abend beim verabredeten Video-Call zu hören bekommt, dass ihre beste Freundin […], bei waschechte Adeligen und hopefully in Gesellschaft eines kettenrasselnden Gespenstes untergekommen ist.“ (S. 15)

Das Anwesen der Calvertons scheint nicht nur im 19. Jahrhundert stehen geblieben zu sein, sondern auch seine Bewohnter: Lord Sebastian Witham, 22 Jahre alt und der achte Earl of Witham, seine Schwester Lady Fiona, wie Juno 18 Jahre alt, die Großmutter Lady Marjorie, dowager Countess of Witham, und die vielen Angestellten. Zunächst vermutet Juno eine Reality-Fernseh-Show und ist begeistert, wie sehr alle in ihrer Rolle bleiben. Erst sehr langsam wird ihr die Wahrheit bewußt: „Ich bin in der Zeit gereist. Niemand spielt hier viktorianisches Zeitalter. Es ist alles echt. Wir alle sind mittendrin.“ (S. 95)

 

Achtung, es folgt die Kritik mit massiven Spoilern zur Handlung!

 

Wenn mich diese vielen englischen Wörter nicht so stören würden (hopefully, S.15, Serien bingen, S.25, What?, S. 46, megahot und voll crazy, S.53, …), wäre Junos Gefühlswelt meine größte Kritik. Juno verbringt nicht mal zwei Wochen bei den Calvertons und durchläuft das Gefühl von frisch Verliebten, und nach drei Tagen die tiefste Depression. Dann erleidet sie einen Rückschlag, nur um ihr Herz gebrochen zu kriegen. „Wie schon die Tage zuvor spiegelt auch der Samstag mit wolkenverhangenem Himmel und Dauerregen meinen Gemütszustand wider […].“ (S.197) Obwohl sie schon am ersten Tag festgestellt hat, daß Sebastian zwar eine himmlische Stimme hat und sehr attraktiv ist, sind seine Ansichten gegenüber Frauen jedoch veraltet. Was natürlich nicht überrascht, immerhin lebt er im Jahr 1886. Trotzdem verfällt sie ihm schon gleich am ersten Tag und ist mehr als wankelmütig während der gesamten Handlung.

Juno wird gleich bei ihrer Ankunft von der Großmutter Lady Marjorie mit einer gewissen Isobel verwechselt. Außerdem erscheint ihr nachts ein Geist, der sie beunruhigt. Bis sie allerdings auf die Idee kommt, Nachforschungen anzustellen, vergehen schon fast zwei Wochen und der Sommerball steht vor der Tür. Dann überschlagen sich die Ereignisse, einer ist verwirrter als der andere und am Ende wird alles aufgelöst. Der Epilog ist wortgleich mit dem Prolog, nur befinden wir uns wieder im 21. Jahrhundert. Warum Sebastian und Fiona plötzlich ebenfalls in der Moderne erscheinen, wird nicht erklärt.

 

Obwohl die Aufmachung und der Buchrückentext vielversprechend klangen, sonst hätte ich das Buch nicht spontan gekauft, hat mich der Inhalt enttäuscht. Vielleicht hat mein karg recht, und ich bin zu alt für Jugendbücher. An Juno hat mich alles gestört: ihre Sprache, ihr Unverständnis, ihre übereifrigen Liebesgefühle, ihre späte Einsicht und die vielen englischen Wörter in ihrem Wortschatz! Und zu dem Ende habe ich Fragen, die mich ratlos zurück lassen.