Rezension

Blasser Bücherzauber

Das Mädchen, das in der Metro las - Christine Féret-Fleury

Das Mädchen, das in der Metro las
von Christine Féret-Fleury

Bewertet mit 3 Sternen

„...jedes Buch ist wie ein Porträt und hat mindestens zwei Gesichter...Das Gesicht von der Person, die es weitergibt. Und das Gesicht von der Person, die es empfängt.“

 

Ich habe mich locken lassen. Vom Titel und dem schönen Cover, vom Verlag, von der Verlagsinformation zur Autorin, deren Bücher bereits prämiert worden sind, und natürlich nicht zuletzt vom märchenhaften Plot, bei dem es um Bücher und ihr Macht zur Veränderung geht. Klingt genau nach einem Buch für mich, es hat mich aber leider überhaupt nicht gepackt, trotz guter Ideen und Ansätze, trotz guter Sprache und trotz eines meiner Lieblingsthemen - Bücher. Die Geschichte plätschert dahin, und ich bin nicht wirklich in der Lage zu sagen, woran das eigentlich liegt.

 

Juliette führt ein ereignisloses und sicheres Leben als Büroangestellte eines Pariser Maklerbüros, pendelt täglich die gleiche langweilige und ungefährliche Strecke lesend mit der Metro, geht am Wochenende regelmäßig ins Kino und verbringt ansonsten ihre Abende allein vor dem Fernseher in ihrem 1-Zimmer-Appartement. Ihre wenigen Liebhaber fanden das Leben mit ihr nach kurzer anfänglicher Leidenschaft langweilig. Eines Morgens, als sie spontan an einer früheren Station aussteigt, findet sie mitten in Paris ein mit Büchern vollgestopftes Lagerhaus und trifft Soliman, einen liebenswert-schrulligen Exilant, der für jeden Menschen genau das richtige und lebensverändernde Buch zu haben glaubt. Juliette wird in diesen Bann gezogen und für sie ändert sich alles.

 

Die Handlung ist mit dieser Grundidee sehr gut angelegt, mit ein paar witzigen und schrägen Details, und sprachlich bewegt sich das Buch auf einem sehr angenehm lesbaren Niveau. Die Geschichte besitzt viele zauberhafte Momente, bei denen man versunken lächeln könnte, wenn zum Beispiel erklärt wird, warum es bei Liebesromanen auf Seite 247 immer zu Tränenausbrüchen der Leser kommt oder wenn bei einer Wohnungsbesichtigung das gezielt neben der Badewanne platzierte Buch eine junge Frau fesselt und ihr zukünftiges Glück in den eigentlich heruntergekommenen Räumen erspähen lässt.

Aber trotz des träumerischen Grundtones und der skurrilen Figuren und Ideen erschien mir das Buch zu blass, zu weit weg von der Traumwelt, so als würde man nur das Abbild eines Traumes zu lesen bekommen. Und ich weiß wirklich nicht, woran es liegt, dass mir nichts nahe kam beim Lesen, denn eigentlich mag ich durchaus solch zauberhafte Bücher, solange sie nicht zuckersüß sind - und das ist dieses Buch wirklich nicht. Vielleicht wollte die Autorin auf wenigen Seiten zu viel erreichen? Vielleicht hätten ein paar mehr Einblicke in das Wesen der wenigen Charaktere den Leser näher an diese herangelassen? Oder vielleicht stört mich auch, dass die Autorin zwar für traumhafte und lebhafte Bücherwelten plädiert, in denen man interessante Menschen und Gegenden kennenlernen kann, dass sie aber auch mit erhobenem Zeigefinger ihre Protagonisten an die Wirklichkeit binden möchte, warnend davor, dass sie sonst den Bezug zum Leben verlieren?

 

Es ist kein schlechtes Buch, aber für meinen Geschmack zu blass und zu unausgegoren. Die gut gemeinte Hommage an die Literatur und an Bücher überzeugt mich nicht.