Bleibt hinter den Erwartungen zurück
Bewertet mit 2 Sternen
Endlich raus aus dem Haus, das sie seit Jahren gefangenhält, das schief in der Landschaft, also, mitten in Kassel, steht, das komplett verbaut ist mit seinen Ecken und Winkeln und seinem unmöglichen Grundriss und überhaupt nur Unglück bringt. Eigentlich also ein Grund zum Feiern, dass man das Haus jetzt endlich loswird und sich etwas neues suchen kann. Und doch... Es war jahrelang ein Zuhause. Es war eben das Haus.
Die eigentliche Handlung des Romans beschränkt sich auf Schilderungen des bevorstehenden Umzugs. Anrufe der Ich-Erzählerin an ihre Eltern, um den täglichen Lagebereicht einzuholen. Ausgehend davon werden jedoch zahlreiche Erinnerungen an vergangene Ereignisse beschrieben, Porträts von Familienmitgliedern gezeichnet, Soziogramme unserer Gesellschaft erstellt. Das geschieht gerade zu Beginn mit einem wunderbar trockenen Humor. Mit der Zeit habe ich mich jedoch gefragt, worauf genau die Autorin eigentlich hinauswill, wie sie die ganzen losen Enden zusammenführen, etwas Ganzes daraus machen will. Die Antwort: Will sie nicht. Jedenfalls hatte ich nicht den Eindruck. Die Handlung mäandert umher, und das hätte mich nicht weiter gestört, wenn sie nur irgendwann irgendwo angekommen wäre. Tut sie aber nicht. Das Buch ist gut geschrieben, durchaus anspruchsvoll und fordernd mit seinen teilweise sehr langen Sätzen, nur fehlte mir dabei die Struktur. Vieles bleibt nur vage angedeutet, etwa die Depressionen der Mutter. Da hätte ich mir mehr Hintergrund gewünscht, irgendetwas, das sie und die anderen Figuren greifbarer macht, die so seltsam blass bleiben. Ich hatte mehr erwartet.