Rezension

…böse, ironisch, schwarz-humorig = vergnügliche Lesestunden!

Walter muss weg - Thomas Raab

Walter muss weg
von Thomas Raab

Hannelore Huber ist glücklich: Nach 53 langen, freud- sowie trostlosen Ehejahren war ihr Gatte wenigstens so anständig in den Armen einer der Liebesdienerinnen aus dem heimischen Puff „Marianne“ abzunippeln. Wenigstens DAS hat er ihr erspart! Nun gilt es, das Begräbnis möglichst ohne Blessuren hinter sich zu bringen, und dann steht einem geruhsamen Rest-Leben nichts mehr im Weg. Sehr unangenehm, dass sich im Sarg ihres auf dem Höhepunkt seiner Manneskraft verblichenen Gatten eine falsche Leiche befindet. Der Bestatter selbst liegt dort äußerst unpassend im Satin, und von den sterblichen Überresten des alten Hubers fehlt jede Spur. Im kleinen Örtchen Glaubenthal ist es mit der ländlichen Idylle voller Friede, Freude, Eierkuchen erst mal Essig. Ebenso sauer stößt es Hannelore auf, dass sich aus diesem Grund der Beginn ihres harmonischen Rest-Lebens verzögert. Sie hat schon zu Lebzeiten den alten Huber ertragen müssen, da lässt sie sich von ihm nicht auch noch im Tod triezen. Eine Leiche fehlt? Dann muss eine Leiche eben wieder her! Frau Huber ermittelt…!

Ich stelle es mir ungefähr so vor:

Eines schönen Tages, als er so gar nichts anderes zu tun hatte, saß Thomas Raab bei einem Tässchen Tee und schaute verträumt aus dem Fenster in die Weite. Plötzlich stellt er sich folgende Frage: Was waren im Krimi-Genre bisher die gebräuchlichsten Indigrenzien, die einen Kriminalroman zum Erfolg geführt haben? Er stellte die Tasse zur Seite, griff sich flink Papier und Bleistift und notierte eine „Must Have“-Liste:

kauzige, ältere Frau als Laien-Ermittlerin
überschaubare Dorfgemeinschaft mit skurrilen Charakteren
dusselige Dorfpolizisten
niedliche Kinder
nervige Kinder
verschwindende und/oder auftauchende Leichen (wahlweise auch nur Teile von ebendiesen)
Klischees, Klischees, Klischees
Political Correctness: „Ach, geh weg mit so ’n Schmarrn!“
Sex, Crime & Action

…und was von dieser Liste taucht nun in meinem nächsten Krimi auf, fragte er sich und beantwortete diese Frage hurtig selbst: „Na, alles!“

Aber auch der Leser muss so einiges mitbringen, um diesen Krimi in seiner ganzen Pracht genießen zu können: Als Allererstes sollte er nicht alles allzu ernst nehmen. Auch wäre ein arg zartbesaitetes Gemüht eher hinderlich beim Genuss dieses Krimis. Ein ausreichendes Maß an Humor wäre auch hilfreich,…

…dann entdeckt der Leser mit Thomas Raab einen Sprachkünstler, der eine immense Freunde am Fabulieren hat und viel Wortwitz in seine Zeilen legt (…erstaunlich was er dem Doppelnamen „Unterberg-Sattler“ alles entlocken kann). Hier wird jedes Klischee hemmungslos und voller Genuss ausgewalzt. Raab scheut auch nicht vor Szenen voller Slapstick zurück. Seine Sprache ist schnoddrig, manchmal derb und voller Ironie. Der schwarze Humor lugt im kleinen Örtchen Glaubenthal um jede Häuserecke, versteckt sich hinter jeder Tanne.

Ich hoffe nur, er kann dieses Tempo auch beim zweiten Fall aufrechterhalten. Denn: Frau Huber ermittelt hoffentlich weiter…!!!