Rezension

Böser Zauber und viele Lachtränen

Mucho Mojo - Joe R. Lansdale

Mucho Mojo
von Joe R. Lansdale

Bewertet mit 5 Sternen

LaBorde, Texas: Es ist Sommer und es ist heiß und während Hap mal wieder als Saisonarbeiter auf den Feldern schuftet, kuriert Leonard seine Beinverletzung aus. Dann erhält dieser allerdings die Nachricht vom Tod seines Onkels Chester, was ihn zum Erben des Hauses macht. Dort angekommen stellt sich das großzügige Vermächtnis allerdings schnell als zugemüllte, stinkende Bruchbude heraus, die sich lediglich mit reizenden, drogendealenden Nachbarn schmücken kann. Neben einem Umschlag mit größtenteils wertlosen Rabattmarken, etwas Geld und einem Schlüssel ist es die Trauer, die Leonard bleibt und so beschließt er vorerst, mit Hap gemeinsam die Hütte auf Vordermann zu bringen. Doch so wie es aussieht hat Onkel Chester im wahrsten Sinn des Wortes eine Leiche im Keller und zwar ein hübsch in Pornohefte verpacktes Kinderskelett. Klarer Fall für die Polizei, doch trotz des Zerwürfnisses zwischen Leonard und seinem Onkel nach dessen Outing, weiß Leonard eines mit Sicherheit: Nie im Leben ist sein Onkel ein Kinderschänder oder -mörder gewesen. Und so begibt sich unser ungleiches Duo auf Spurensuche.

Leseeindruck

Wie gewohnt fackelt Lansdale auch beim zweiten Hap & Leonard-Abenteuer nicht lange und steigt direkt rasant ins Geschehen ein. Unsere Protagonisten glänzen einmal mehr mit ihrem unverkennbaren Charme, losem Mundwerk und ihrem beispiellosen Gerechtigkeitssinn – liebenswert wie eh und je. Die Dialoge der beiden sind tödlich witzig bis zum Umfallen aber dennoch nicht flach … zumindest nicht immer. Und das ist sie – Lansdales unbestreitbare Stärke: Er verpackt Gesellschaftskritik, behördliche Missstände und ernste Themen, wie Vorurteile, Rassendiskriminierung und religiösen Fanatismus auf so gekonnte Art und Weise, dass es dennoch verdammt gut unterhält. Moral ohne fiese Keule. Das bleibt hängen! Gegensätze, die sich anziehen – genau wie unsere beiden ungleichen Hauptfiguren eben.

Apropos, die Figurenzeichnung ist einmal mehr sehr gelungen. In »Mucho Mojo« blicken wir in Leonards Vergangenheit, sehen das Kind, das eine enge Bindung zu seinem Onkel hatte und erleben einen verletzlichen jungen Mann, mit dem gebrochen wurde, weil er ist wie er ist. Das hat ihn tief geprägt und so ist die Suche nach der Wahrheit, die Schuldfreisprechung des Onkels wohl auch ein wenig der Wunsch nach Aussöhnung. Aber auch Hap erleben wir von einer sehr verletzlichen Seite. Er ist ein großer Junge, der sich nach echter Liebe und Familie sehnt – kein schlechter Fang für eine Frau, wenn sie doch nur die Richtige wäre. Weder Trudy (»Wilder Winter«), noch die dunkle Schönheit Florida, die noch dazu ehrgeizig und clever ist, scheinen allerdings diese Bedingung zu erfüllen. Letztere hat trotz vorhandener Intelligenz leider ausgerechnet damit ein Problem, eine dauerhafte Beziehung zu einem Weißen einzugehen. Pech für unserem großherzigen Hap, der wieder nur nach den Sternen greifen kann.

Die Krimikomponente liest sich spannend, auch wenn sie bekennende Leser des Genres im Sinne der Täterbestimmung wohl nicht vom Hocker reißt. In meinen Augen liegt darauf aber auch nicht der Schwerpunkt. Es ist Beiwerk, Füllmaterial, das dem großartigen Rest genug Raum zur Entfaltung gibt.

Fazit

Definitiv legt Lansdale im Vergleich zum Vorgänger hier noch eine Schippe drauf, punktet in Sachen Dialoge, Figurenzeichnung, Dynamik und Gesamtkomposition. »Mucho Mojo« ist eine rasante Story mit Tiefgang und traurig-schönen nachdenklichen Momenten – eine gelungene Mischung, die bestens unterhält und unbedingt Lust auf die weiteren Bände macht.