Rezension

Boltons Herzensprojekt mit leichtem Stilbruch

Der Schatten des Bösen - Sharon Bolton

Der Schatten des Bösen
von Sharon Bolton

Bewertet mit 3.5 Sternen

Der ehemalige Sargtischler Larry Glassbrook wird beerdigt. Er gestand, vor 30 Jahren in Lancashire, mehrere Jugendliche entführt und lebendig begraben zu haben. Der größte Fall in Florence Loveladys Karriere, denn sie brachte den Mörder hinter Gittern. Zu Larrys Beerdigung kehrt sie in die Stadt der damaligen Geschehnisse zurück, doch sie kann danach nicht mehr abreisen. Am verlassenen Haus der Glassbrooks macht sie eine Entdeckung, die sie in Angst und Schrecken versetzt. Was hat das zu bedeuten? Waren Lancashires Kinder doch nie sicher oder schweben Florence und ihr Sohn Ben sogar selbst in lang ungeahnter Gefahr?

Sharon Bolton ist eine bekannte englische Krimi- und Thriller Autorin. Sie stammt selbst aus Lancashire und wollte schon immer ein Buch über Hexen schreiben. Besser gesagt „…ein Buch über Frauen (wie sie selbst) aus dem Norden, die aus der Masse der Menschen herausstechen und die von den selben Menschen dafür bestraft werden.“ Genau diesen Umstand merkt man dem Buch ganz deutlich an. Sharon Bolton ist bekannt für ihre atmosphärisch geladenen Thriller, die zumeist eine Mischung aus englischer Hochmoorebene, abgeschiedenen Dörfern und dem Einfluss von Okkultismus sind. In diesem Buch ist allerdings etwas anders. Im 2. Teil geht es erst einmal um die Ereignisse von vor 30 Jahren. Der Fall um die drei vermissten Teenager 1969, die Suche und die späteren Ermittlungen werden sehr detailliert und ausführlich geschildert. Der Mordfall wird auch als solcher behandelt, der Okkulte Einfluss, der Glaube an Hexen und die alte Geschichte um die Hexenverbrennung der Frauen von Pendel tauchen erst später im Buch auf. Entgegengesetzt ihrem sonstigen Stil gibt sich Bolton diesmal ganz der Magie hin und lässt ihre Protagonistin Florence nicht nur an diese glauben, sie lässt sie sogar selber Zauber wirken. Natürlich kein Hokuspokus mit Hut, Besen und schwarzer Katze, sondern eine Art Schutzzauber und ähnliches. Mich hat dieses Abweichen von ihrem Schema sehr missmutig gestimmt, weil ich die Intension dahinter nicht verstehen konnte. Das Begleitwort der Autorin, welches leider erst am Ende des Buches auftauchte, konnte mich jedoch über den Grund für diesen Stilbruch aufklären und ließ die Geschichte nun in einem anderen Licht wirken. Jedoch gab es auch andere Details, die ich unrund fand. Der wirklich sehr lange 2.Teil, mit dem (meiner Meinung nach) zu ausführlichen Rückblick, der eher wie ein Seitenfüller, als wirklich zwingend notwendig wirkte. Einige Einzelheiten, die nach Auflösung leider immer noch unklar oder unlogisch waren. Man hatte nach dem Ende das Gefühl, dass hier und da um den Kern der Story nur grob an gebastelt wurde um es etwas passend zu machen, ganz schlüssig ging das Ende leider nicht auf. Zu guter Letzt der Showdown, der zwar überraschend und erfrischend anders ausfiel aber in sich einfach kühlen Pragmatismus statt Atmosphäre ausstrahlte. Ein durchaus interessantes Buch, welches Dank dem mitreißenden Schreibstil der Autorin trotz längen, nicht an Spannung verliert. Doch Bolton kann mehr und das hat sie diesmal nicht unter Beweis gestellt. Es gibt deutlich stärkere Werke von ihr. Trotzdem muss ich gestehen, nach dem ich von ihrer eigenen Verbundenheit mit der Stadt und ihrem Aufwachsen mit all diesen Sagen wusste, stimmte mich dieses Wissen mit dem Verlauf Story und ihrem „Stilbruch“ etwas milder. Ein kleines, Spoiler freies Vorwort hätte mich Florence und ihre Entscheidungen vielleicht gleich im rechten Licht sehen lassen.

Fazit: eher eines von Sharon Boltons mittelmäßigeren Büchern. Atmosphärisch hat sie hier nicht alles gegeben. Doch noch nie war eine tiefe Verbundenheit mit dem Handlungsort und der Protagonistin so präsent.