Rezension

Boyles rasanter neuer Roman ist ein kreischend greller Trip an die Grenzen des Bewusstseins und darüber hinaus...

Das Licht
von T. C. Boyle

Bewertet mit 5 Sternen

...soweit der Klappentext. Kreischend grell gestaltet sich auf jeden Fall der Schutzumschlag des Hardcovers, das Bild pulsiert beim Betrachten.

Professor Leary ist zwar Dreh- und Angelpunkt dieser kleinen eingeschworenen Gemeinschaft, aber eigentlich begleiten wir Fitz mit seiner Frau Joanie und dem 15jährigen Sohn Corey von Cambridge über Mexiko nach Millbrook, New York, wo sie wie eine große Familie mit Tim und seinem Gefolge in einem Haus zusammenwohnen.

Fitz ist stolz zum inneren Kreis derjenigen eingeladen worden zu sein, die sich Samstags bei Leary treffen, um im Namen der Wissenschaft die in den 60er Jahren noch legale Droge LSD zu nehmen. Anfangs führen sie noch Protokoll, wie sich diese Substanz auf das Bewusstsein auswirkt und erhoffen sich eine Befreiung des Geistes. Fitz will seine Dissertation damit bestreiten. Nach und nach werden die Experimente erweitert, die Dosen gesteigert, das Zusammenleben erst in Mexiko und nach dem "sanften" Rausschmiss dort, wieder in den USA in einer Kleinstadt geprobt. Dort fallen sie aber auch bald unangenehm auf und die Presse hat nur negative Schlagzeilen für diese Hippie-Gruppe übrig.
Fast schleichend erlebt der Leser mit, wie die Gruppe zerbricht, Ziele nicht weiter verfolgt werden, das gesellschaftliche Leben fast nicht mehr funktioniert. Wenige wache Momente bestimmen den Fortgang der Geschichte.
Rasant ist das Tempo, mit dem Boyle durch die Story jagt, nur um kurze Verschnaufpausen in einzelnen, gut ausgeleuchteten Spots zu machen, in denen deutlich wird, dass die Kontrolle verloren geht. Aber bevor es zur erwarteten Katastrophe kommt, springt Boyle weiter, hechtet zur nächsten spannnenden Szene, um auch dann wieder mit einem offenen Ende zu enttäuschen. Das einzige Drama, ist die Trennung von Joanie und Fitz und vielleicht noch ein ertrunkener Affe.

Die Erwartungen, die der Rückentext in mir geweckt hatte, wurden nicht erfüllt. Ich konnte mich nicht an der Dummheit und Fehlentscheidungen der Protagonisten ergötzen, konnte nicht sensationslüstern die Unfälle und Missgeschicke verfolgen, wie in "Grün ist die Hoffnung", aber mir kommt der Verdacht, dass das auch nicht Boyles Absicht war. Ich denke, dass der Verfasser des Teasers es vermasselt hat, denn eigentlich hat es Boyle mal wieder sehr gut geschafft, die leisen Untertöne herauszuarbeiten, die Feinheiten des Wandels in der amerikanischen Gesellschaft anzudeuten und einfach den Zeitgeist der 60er fabelhaft abzubilden.
Allein das Vorspiel in Basel, 1943, macht nicht nur neugierig auf die Geschichte, sondern das Buch auch zu einem interessanten Rückblick in die jüngste Vergangenheit.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 26. September 2019 um 08:59

Ja, ja, die Herren und Damen Klappentextschreiber... Und Rückentextschreiber ...

Jedenfalls ist es ein grandioses Buch, habe ich verstanden, das ich mal vom SuB erlösen sollte.