Rezension

Bretonischer Regionalkrimi

Bretonische Verhältnisse - Jean-Luc Bannalec

Bretonische Verhältnisse
von Jean-Luc Bannalec

Bewertet mit 4 Sternen

Wegen „gewisser Verfehlungen“ wurde Kommissar Dupin vor zwei Jahren und sieben Monaten von der Hauptstadt, wo er sein ganzes Leben zuvor verbracht hatte, ans Ende der Welt, ins Finistère, versetzt. Noch immer ist er mit den bretonischen Eigenheiten nicht ganz warm geworden, doch fühlt er sich nach und nach in Concarneau immer heimischer, aber das würde er nie zugeben.

Dupin ist ein bisschen eigenbrötlerisch und arbeitet am liebsten allein. So kann es schon einmal passieren, dass er die Erkenntnisse aus seinen Ermittlungen nicht an die Kollegen oder Vorgesetzten weitergibt. Oder er legt mitten im Telefongespräch einfach auf, weil ihm gerade eine Idee in den Sinn gekommen ist. Wegen seiner kauzigen Art muss man über Dupin auch das ein oder andere Mal schmunzeln. Ihm zur Seite steht seine unersetzliche Sekretärin Nolwenn, die dank ihrer Wurzeln in der Bretagne Land und Leute kennt wie kein anderer und über weitreichende Beziehungen verfügt. Die übrigen Mitarbeiter bleiben etwas blass.

Für Dupin ganz wichtig ist sein „café“. Davon kann er Unmengen vertilgen. Und so ist er gar nicht erfreut, als er eines Morgens bei seinem ersten Kaffee durch das Klingeln des Telefons gestört wird. In Pont Aven wurde eine Leiche gefunden. Es handelt sich um einen allseits beliebten 91-jährigen Hotelbesitzer, brutal erstochen. Wer bitte soll so jemanden ermordet haben?

Dupin begibt sich an den Tatort. Er befragt die Angestellten, die Gäste des Hotels, die Angehörigen des Toten. Doch keiner weiß etwas, keiner hat etwas bemerkt. Nur ganz langsam bröckelt die Fassade und durch das Zusammensetzen verschiedener dahingeworfener Satzfetzen kommt Dupin einem jahrhundertealten Familiengeheimnis auf die Spur. Wenn ich mir einiges auch schon bald zusammenreimen konnte, war ich von den genauen Zusammenhängen am Ende doch überrascht.

„Bretonische Verhältnisse“ hat keine rasante oder blutrünstige Handlung, auch die Spannung hält sich in Grenzen. Hier geht es eher beschaulich zu. Wichtig ist das Kombinieren der verschiedenen Details, deren Kenntnis der Kommissar erlangt. Dazu kommen wunderschöne schwärmerische Beschreibungen der Landschaft, der Straßen, Häuser und Menschen in diesem einmaligen Landstrich, die den Leser immer wieder von diesen wichtigen Details ablenken, ihn dafür aber gedanklich direkt in das Finistère versetzen. Jean-Luc Bannalec hat die Eigenheiten und die Atmosphäre der Bretagne sehr schön eingefangen. Ich fühlte mich wie in einem meiner Urlaube dort. Man riecht das Meer, sieht das besondere Licht vor sich, die Ortsschilder mit den unaussprechlichen Namen… Durch das Einstreuen landessprachlicher Wendungen kommt richtig schön ein französisches Flair auf, aber keine Angst, man muss nicht perfekt Französisch sprechen. Die französischen Begriffe im Buch erschöpfen sich fast schon in „Monsieur le Commissaire“ und „au revoir“.

Fazit: Wer Frankreich, insbesondere die Bretagne, und Kriminalromane mag, sollte dieses Buch unbedingt lesen. Aber auch, wenn man keine besondere Beziehung zu Frankreich hat, macht man mit diesem Krimi nichts falsch.