Rezension

Briefe an Charley - Zu schwerfällig, zu wenig Selbstwert, zu viel Selbstmitleid

Briefe an Charley
von Annette Pehnt

Bewertet mit 2 Sternen

Briefe an Charlie ist ein Roman, der von einer Frau handelt (Ich-Erzählerin), die einem Mann namens Charley Briefe schreibt, sie jedoch nicht abschickt. Durch die Briefe, die mehr wie ein innerer Monolog aufgebaut sind, erfährt man das Charley und die Ich-Erzählerin ein Paar gewesen waren und die Beziehung in die Brüche ging.

Nachfolgend möchte ich meine Eindrücke von diesem Roman erläutern:
Der Beginn gefiel mir gut, als die Ich-Erzählerin davon berichtet wie sie auf eine alte Frau aufpasst und feststellt, dass jeder Mensch am Ende von all seinen Geschichten vielleicht nur noch drei zu erzählen hat und ihre Lebensgeschichte wäre die von Charley und ihr gewesen.

Stellenweise ist der Schreibstil sehr schön und hat hier und da ein kleines Schmuckstück parat: "Ich will Briefe, Antwort, Ohren. Umarmung." An anderen Stellen fällt es sehr schwer weiterzulesen und man hat das Gefühl von Schwerfälligkeit und es zieht sich wie Kaugummi. Weiterhin fand ich es störend, dass Charley in Großbuchstaben geschrieben wurde, sodass man das Gefühl hatte, dass sein Namen geschrien wird.

Insgesamt konnte mich der Roman leider nicht überzeugen. Er handelt im Kern von einer Frau, die nie über eine zerbrochene Liebe hinweggekommen ist und regelrecht süchtig wird Briefe an ihn zu schreiben. Zwar konnten mich ein paar Stellen berühren und man spürt die Traurigkeit der Figur, doch hauptsächlich machte mich der Roman müde, da der Anteil des Selbstmitleides für mich zu hoch war.

"Warum schreibe ich dir von meinem Hass, CHARLEY, du wirst es nicht hören wollen, Hass auf dein Leben nach mir."
Ja, Hass hätte ich mir gewünscht. Hass hätte mehr Leidenschaft bedeutet oder Lebendigkeit. Doch Hass kam nicht wirklich rüber, eher Verzweiflung. " ', weil du sie lesen wirst, diese Briefe, sie schreibt ja einen Roman wirst du denken und plötzlich begreifen, dass ich mir dich zurückschreiben werde."

Das Spiel zwischen Traurigkeit, Verzweiflung und Hass gelingt der Autorin leider nicht. Sie driftet zu sehr ab und man bekommt zu sehr das Gefühl einer dauer-jammernden Protagonistin. Leider hat die Handlung auch scheinbar kein Ziel, man bekommt das Gefühl sich im Kreis zu drehen um die Einsamkeit einer Figur.

Ein weiteres großes Minus für mich waren die "Vorstellungen" von Charley, die die Ich-Erzählerin hatte. "Soll ich dir in jedem Brief eine andere Haut überziehen?" In denen stellt sie sich Geschichten zu Charley vor. Dieser Aspekt gefiel mir leider überhaupt nicht. Obwohl sie in Erinnerungen schwelgt, blieb für mich Charley blass, unnahbar und fern, wie ein Hirngespinst. Ich konnte leider keine Sympathie aufbauen weder zu ihr, zu ihm oder das Paar, dass sie mal gewesen sein sollen.

"Und was war es das was wir hatten? Was war der Kern? Warum habe ich dich nicht vergessen?" Genau auf diese Fragen fehlen die Antworten und genau diese Fragen habe ich mir auch stellen müssen. Mir persönlich fehlte dies und stimmte mich unzufrieden.

"Etwas anderes wäre es gewesen, wenn du tot wärest. Einem Toten darf man dies und das auf den Altar legen. Vielleicht sollte ich es so sehen eine Messe für CHARLEY". Dieser Gedanke kam mir auch schon und hätte ich vermutlich besser gefunden. Der Roman fokussiert viel zu sehr Trauer. Es fehlte mir persönlich an Wut.

Insgesamt würde ich sagen wird dieser Roman nicht jedem gefallen. Die Autorin hat einen schönen Schreibstil und versteht es Verzweiflung, Einsamkeit und Trauer auszudrücken, doch hätte dieser Geschichte eine etwas andere Richtung besser getan.

"Als wir uns kannten war ich satt und rund, ein schöner fragloser Zustand, ich redete viel und schrieb wenig, es gab zu viel anderes zu tun."