Rezension

Brieffreundschaft

84, Charing Cross Road - Helene Hanff

84, Charing Cross Road
von Helene Hanff

Schon eine Zeit lang stand „84, Charing Cross Road“ ungelesen in meinem Bücheregal und als ich kürzlich etwas Kleines für zwischendurch brauchte, um eine längere Wartezeit beim Arzt zu überbrücken, schien mir das schmale Buch die perfekte Wahl zu sein. Und was soll ich sagen? Ich hatte die Gelegenheit, es in einem Rutsch durchzulesen. Als kurzweilige Begleitung für lästige Wartezeiten kann ich das Buch also schon mal bestens empfehlen. Es ist stellenweise amüsant, warmherzig und abwechslungsreich. Und doch, konnte es mich nicht zu 100 Prozent begeistern. Ich hatte wahrscheinlich aufgrund des Klappentextes und der überschwänglichen Worte auf dem Buchumschlag noch ein bisschen mehr erwartet, schließlich ist dort u.a. vom „Kultbuch aller Vielleser“ die Rede. Ja, es geht in dem Buch eindeutig um Bücher. Aber die Briefeschreiber tauschen sich nicht wirklich über die Inhalte der Bücher aus und was diese ihnen bedeuten. Sondern es geht vielmehr darum, eine möglichst schöne Ausgabe eines Buches zu finden. Und das wird dann mit der Zeit doch ein wenig langweilig.

Und so spannend es auch ist, dass dieser Brief-Roman allein aus Original-Briefen zusammengestellt wurde, so problematisch ist es auch. Denn Fakt ist, der Leser hat kein Hintergrundwissen zu den Personen und muss sich vieles mühsam zusammenreimen. Das ist am Anfang noch gar nicht das Problem, denn da sind die Briefe über einen langen Zeitraum noch sehr kurz gehalten und eher unpersönlicher Art – dafür aber zahlreich. Das ändert sich aber mit der Zeit. Denn aus den späteren Jahren sind anscheinend deutlich weniger Briefe erhalten geblieben. Der einstige rege Briefwechsel besteht zum Teil nur noch aus kurzen Episoden. Doch gerade hier scheint in den Leben der Briefeschreiber vieles zu passieren, was der Leser jetzt nur am Rande erfährt. Hier hätte ich mir manchmal eine Art Rahmenhandlung der persönlichen Ereignisse gewünscht, die die Briefe unterstützt und einbettet. Oder aber ich lese beim nächsten Mal einfach das Nachwort zu Beginn, denn das brauchte auch etwas Licht ins Dunkel.