Rezension

Brilliant recherchiertes Mantel- und Degen-Epos

Der Palast der Meere - Band 5 - Rebecca Gablé

Der Palast der Meere - Band 5
von Rebecca Gablé

Bewertet mit 4.5 Sternen

Der Roman beleuchtet 28 ereignisreiche Jahre der Regentschaft Königin Elisabeths I. Deren engste Vertraute, Eleanor of Waringham, ist so etwas wie der weibliche Gegenpart zu dem historischen Geheimdienstler Walsingham (der ebenfalls im Roman vorkommt) und erledigt für die Königin delikate Aufträge, wie zum Beispiel das Ausspionieren schottischer Gesandter oder den Kontakt zu der stets schwer einzuschätzenden Nachbarregentin Maria Stewart. Als Eleanor sich ausgerechnet in den Anführer der Londoner Unterwelt verliebt, macht sie das natürlich verwundbar. Einen völlig anderen Karriereweg schlägt ihr jüngerer Bruder Isaac of Waringham ein, der vierzehnjährig vor der familiären Verantwortung flieht und sich unter falscher Identität als blinder Passagier auf ein Schiff schleicht. Natürlich bleibt er auf Dauer nicht unentdeckt, und die Strafe, die sich Captain Hawkins für ihn ausdenkt, ist alles andere als das, was sich der junge Ausreißer für seinen Aufenthalt in der Ferne erträumt hat ...

So spielt sich die Handlung zum Teil am englischen Hof und zum Teil auf hoher See ab. Diese Aufteilung gefiel mir gut und ist sehr schlüssig, denn genau dort wurden Entscheidungen ausgetragen, mündete Politik in Handel oder Krieg. Und wie man weiß, sollten die englische und die spanische Flotte noch eine sehr entscheidende Rolle im Konflikt Englands mit dem Kontinent spielen. Und auch wenn Eleanor, die mutige Spionin der Königin, als Identifikationsfigur natürlich Leserinnenherzen höher schlagen lässt, so ist es doch vor allem der nach Unabhängigkeit strebende seefahrende Isaac, der die Lesersympathien im Sturm erobert. Andere historische Helden werden nebenbei schon mal leicht entzaubert ...

Dies ist mein erster Roman von Rebecca Gablé, und obwohl ich anfangs noch etwas distanziert las, hin und wieder ein paar Längen ausmachte oder über die Gratwanderung dieses Mantel- und Degen-Epos entlang der Grenze zum seichten Genre die Stirn runzelte, beeindruckten mich mehr und mehr nicht nur Rebecca Gablés intelligente und witzige Pointen, sondern auch ihre akribische Recherche und ihr Fachwissen, sowohl über die Ereignisse am englischen Hof, als auch über die historische Seefahrt. Und, für mich immer ein Riesen-Pluspunkt: im Nachwort sowie in ihrem Personenregister klärt uns die Autorin recht eindeutig darüber auf, welche Charaktere real sind und was sie hinzuerfunden hat. Letztendlich ist es weniger, als ich dachte. Nur der hin und wieder recht derbe Sex ging mir gelegentlich auf den Wecker. Aber da sich diese Szenen dann doch relativ schlüssig in das Gesamtbild einfügen und die Autorin es mit deren Häufigkeit auch nicht allzu sehr übertreibt, will ich diesen Punkt nicht überbewerten.
Am Ende hat die Erzählung einen hervorragenden Spannungsbogen, ist an den richtigen Stellen gestrafft (auch schon mal um ein paar Monate oder Jahre) und hält, was ein guter historischer Roman verspricht: man ist um viele fundierte historische Informationen reicher geworden und wurde zudem noch erstklassig unterhalten.