Rezension

Brisant, aber höchst emotional

Maybe Someday
von Colleen Hoover

INHALT

Frisch getrennt, der Verzweiflung nahe und ohne Dach über dem Kopf, steht Syndey im Hof ihres Wohnkomplexes. Ihr Freund hat sie allen Ernstes mit ihrer besten Freundin betrogen. Seit Jahren geht das nun schon! Doch wohin jetzt? Ridge, ihr Nachbar, bietet ihr an, bei ihm in der WG zu wohnen, bis sie was Neues hat. Er sucht eine neue Mitbewohnerin, sie eine Bleibe. Simple Sache. Und wenn sie schon einmal da ist, kann sie ihm auch bei den Songtexten helfen. Alles klar, denkt sich Sydney und schlägt ein. Beide rechnen aber nicht damit, wie nah sie sich dabei kommen, was für Probleme damit auftauchen und welchen Preis sie dafür zahlen müssen.
 

MEINUNG

Wer Colleen Hoover kennt, der weiß, dass die Geschichte in „Maybe Someday“ Potential für einen besonderen Zauber und viele emotionale Höhen und Tiefen birgt. Auf den 432 Seiten entführt uns die Autorin in eine kribbelige und hochsensible Liebesgeschichte, die auch mit einigen originellen Details aufwartet.

Der Einstieg ist sehr angenehm, der Schreibstil ist leicht und die Dialoge bieten Humor und doch Tiefgang. Mit detailverliebten Szenen und Beschreibungen wird eine direkte und nahe Verbindung zu den Figuren und der Geschichte selbst aufgebaut. Ich selbst finde es immer wieder sehr schön zu bemerken, wie ich wirklich detailreiche Szenen vor Augen habe, statt nur Worte, die hier und da kleine Projektionen aufflimmern lassen. Und das schafft Hoover so oft, ja, fast durchgehend.

Die Geschichte beginnt mit einem Sturz ins Kalte. Wir beobachten die Szene, in der Sydney auf Hilfe angewiesen ist und sich gerade frisch getrennt hat. Ehe es weitergeht, kommt eine Rückblende, die uns in die Zeit vor dieser Szene katapultiert. Es wird aufgelöst, wie sich Ridge und Sydney kennen gelernt haben und warum Sydney „obdachlos“ ist. Die Umrisse dieser besonderen Beziehung, das kleine zarte Band, dieses leise Knistern im Hintergrund zwischen den beiden, tritt erstmals in Erscheinung.

Anfangs hatte ich trotzdem so meine Schwierigkeiten. Es wirkte fast schon zu schön. Diese Dreiecks-Beziehungskiste, die sich da auftat, die hat mir nicht ganz so geschmeckt. Das war abzusehen, klar. Darum dreht sich das Buch auch. Dem mach ich keinen Vorwurf. Aber dafür, dass Ridge und Sydney gerade so eine Katastrophe, anhand von Sydneys Ex-Beziehung, erlebt hatten, hätte ich mir irgendwie mehr Distanz gewünscht. Wie toll alle Beteiligten mit den sehr schwierigen Umständen umgegangen sind, war schon zu perfekt, zu ideal, einfach utopisch! Das hat auch, meiner Meinung nach, schlecht zu den Charaktereigenschaften der beiden gepasst. Und ein wenig am Realismus geknabbert. Dennoch hat mich die Autorin besänftigt, indem sie beiden Figuren ein so schlechtes Gewissen reingehauen hat, dass es selbst mir wehtat und man sich wirklich wünscht, dass die Freundin von Ridge nicht so unfassbar nett ist.

Gerade Ridge tut es einem schnell an. Nicht nur das er unfassbar attraktiv beschrieben wird - wie sollte es auch anders sein? -, nein, er hat so eine sanfte, sehr ruhige und besonnene Art. So einer Figur traut man diese Geschichte ungern zu, da sie so perfekt scheint. Und auch Sydney, die aufrichtig mit der Situation umgeht und so selbstlos in so vielen Situationen agiert, ist unendlich sympathisch. Es zerreißt einem das Herz. Aber das Buch wird nicht nur durch so eine „emotionale Belastung“ geprägt. Oftmals sind die Dialoge und Szenen so witzig und frisch. Ganz viel Freude, Liebe und Freundschaft strahlen diese schwierigen Momente einfach weg.

Ich hatte während dem Lesen so viele verschiedene Assoziationen und Gefühle. Immer wieder wird man mit Schuld, Verzweiflung, Wehmut, aber auch unendlicher Freude, Verständnis und Leidenschaft konfrontiert. Das geht an die Substanz. Man weicht während dem Lesen zu einem einzigen emotionalen Schwamm auf, der alles aus diesem Buch aufsaugt. Das Gleiche tut man nämlich mit den Seiten. Die fliegen dahin, da die Spannung kaum auszuhalten ist und die Autorin es schafft, den Leser bei der Stange zu halten.

Colleen Hoover hebt das Lesen und diese Geschichte aber auch auf eine ganz neue und spezielle Ebene. Für den Leser wird die Gefühls-Achterbahn real! Man liest, fühlt und hört! Alles ermöglicht durch einen eigenen Soundtrack. Colleen Hoover hat mit dem Singer/Songwriter Griffin Peterson zusammengearbeitet, um die Songtexte aus dem Buch zum Leben zu erwecken und die Szenen musikalisch zu unterstreichen. Hier werden die Gefühle und vor allem die Sehnsucht zwischen Ridge und Sydney hörbar. Nachdem ich das Buch ausgelesen hatte, hat mich der Ohrwurm zu dem Song „Maybe Someday“ noch zwei Tage lang begleitet. Geschickt, wie teuflisch, da man die Geschichte und alles andere dazu im Hinterkopf behält.
 

FAZIT

Ein jeder Hoover-Fan kommt hier auf seine Kosten. Aber auch wer die Autorin noch nicht kennt, der kann sich auf einen gefühlvolle und bezaubernde Geschichte gefasst machen. Kaum eine Autorin schafft es so kontinuierlich, die Figuren im Buch so nah mit dem Leser zu verknüpfen und ihn dann am wundesten Punkt im Herzen zu erwischen. Aber Frau Hoover hat immer ein Pflaster mit dabei. Hier fiebert man mit, erwischt sich bei „bösen“ Gedanken und verliebt sich in die Figuren, als wäre man selbst dabei. Obendrein mit dem Soundtrack ein multimediales Leseerlebnis!