Rezension

Brisant und brandaktuell!

Ruhrbeben - Ursula Sternberg

Ruhrbeben
von Ursula Sternberg

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt:

Der Roman beginnt mit dem Sterben des Wissenschaftlers Hannes Schindler. Seine Erkrankung stellt die Ärzte vor ein Rätsel; die Ursachen seiner vielfältigen Beschwerden, die schließlich zu seinem Tod führen, können sie sich nicht erklären.

Zu Schindlers Beerdigung kommt auch Idgie Callahan, die früher mit ihm zusammengearbeitet hat und viele Jahre lang seine Geliebte war. Ihr hat Hannes ein lebenslanges Wohnrecht in seinem Haus - und eine Festplatte hinterlassen. Auf der Festplatte befindet sich Hannes Schindlers letztes Forschungsprojekt: Er hat sich kritisch mit den Probebohrungen für die Erdgasförderung durch Fracking im Ruhrgebiet beschäftigt. Beim Fracking werden Wasser und Chemikalien unter Druck in tiefliegende Gesteinsschichten gepresst. Dabei werden die Gesteinsschichten aufgebrochen und das darin enthaltene Erdgas freigesetzt. Idgie stößt in Hannes Unterlagen auf brisante Details, die die Umwelt gefährden. Sie beginnt eigene Nachforschungen und begibt sich damit selber in Gefahr…

Gleichzeitig zieht das Sturmtief Cassandra über das Ruhrgebiet hinweg. Als Folge der Regenmassen drückt sich in Essen in weiten Teilen der Stadt das Abwasser aus der Kanalisation hoch. Kurz nach dem Unwetter häufen sich in der Stadt unerklärliche Erkrankungs- und Todesfälle. Fieberhaft versucht die Umweltmedizinerin des Essener Gesundheitsamts Ruth van Haag, die Ursache zu finden und Schlimmeres zu verhindern…

Leseeindruck:

Das Thema des Romans, Fracking, ist hochaktuell und im Verlauf der Handlung habe ich eine Menge neue und beunruhigende Details über diese Technik kennengelernt. Das Ganze ist in eine solide Thrillerhandlung verpackt und geschickt mit unterschiedlichen Akteuren und Handlungsorten verknüpft, so dass ich auch über einige etwas langatmigere Stellen des Romans „bei der Stange“ geblieben bin.

Bewundert habe ich den hohen Rechercheaufwand, den die Autorin betrieben hat. Alle erwähnten internationalen Nebenfälle haben tatsächlich wie beschrieben stattgefunden. Sehr erschreckend!

Man merkt wie die Autorin für das Thema „brennt“, wie wichtig ihr das Thema ist. Eine Stimmung, die sich durchaus auch auf mich als Leserin, die zu Beginn des Romans nur wenig über Fracking wusste, übertragen hat.

Dass die Handlung genau „vor meiner Haustür“ spielt, tat ein Übriges um mich zu fesseln.

Trotzdem habe ich zwei kleine Kritikpunkte:

  1. Etwas überfordert haben mich zu Beginn die doch recht zahlreichen Romanfiguren, von denen sich zunächst nicht abschätzen lässt, in welchem Verhältnis sie zur Handlung stehen und welche Wichtigkeit sie im weiteren Verlauf der Erzählung bekommen.
  2. Dass die Autorin so engagiert beim Thema ist, führt leider teilweise dazu, dass sie manche Nebenaspekte für meinen Geschmack etwas zu langatmig und zu dozierend behandelt. So spannend der Brückenschlag zu realen Fällen auch ist, hat die Autorin meiner Meinung nach doch zu viele zu ausführlich beschriebene und teilweise auch nur peripher auf die Handlung Bezug nehmende Fälle aus der Wirklichkeit eingebaut. Sie macht das zwar mit einem literarischen Kniff - die realen Fälle entstammen einem Manuskript einer der Romanfiguren -, aber trotzdem wäre für mich in diesem Fall weniger mehr gewesen. Lieber vertiefe ich mich selbständig in ein Thema und habe auch während des Lesens des Romans eifrig im Internet recherchiert. Deshalb hätte mir auch die Erwähnung dieser Fälle im Nachwort gereicht.

Trotzdem insgesamt ein spannender Roman zu einem aktuellen Thema, den ich gerne gelesen habe und den ich in der zweiten Hälfte geradezu verschlungen habe.

Leseempfehlung:

  • Für Fans von Thrillern mit aktuellem politischen Bezug
  • Für alle Leser, die sich mit dem Thema „Fracking“ auseinandersetzen und mehr darüber erfahren wollen und dabei einen belletristischen Einstieg ins Thema mögen oder bevorzugen
  • Für „Ruhrpöttler“, die es mögen, wenn die Handlung eines Romans direkt vor ihrer Haustür spielt