Rezension

Brisantes Thema, aber flacher Roman

Zara und Zoë - Rache in Marseille - Alexander Oetker

Zara und Zoë - Rache in Marseille
von Alexander Oetker

Bewertet mit 2 Sternen

REZENSION - Nicht nur beruflich als Polit-Korrespondent beim Fernsehen und vormaliger Leiter eines Korrespondentenbüros in Paris, sondern auch durch seine häufigen Privataufenthalte in Frankreich ist Krimi-Autor Alexander Oetker (37) gewiss ein Kenner des französischen Politik- und Gesellschaftsystems, über dessen Probleme wir in Deutschland gerade in den vergangenen Jahren aufgrund dortiger Terroranschläge und Gelbwesten-Krawalle viel erfahren haben. Nach seinen ersten, seichteren Krimis um den Feinschmecker und Commissaire Luc Verlain wechselte Oetker mit seinem im April als Droemer-Taschenbuch veröffentlichten Thriller „Zara & Zoë. Rache in Marseille“, dem ersten Band einer unter dem Titel „Die Profilerin und die Patin“ angekündigten Reihe, von der früher eher touristisch-freundlichen Seite nun unerwartet auf die politisch-brutale, wie sie uns die Abendnachrichten mit Meldungen über IS-Terror und die von Polizei und Politik scheinbar unbeherrschbaren Probleme in den Außenbezirken (Banlieues) der französischen Metropolen zeigen. Sogar Oetkers neue Protagonistin, die deutsche Europol-Kommissarin Zara von Hardenberg traut sich in ihrem ersten Fall nur mit einer Spezialeinheit in ein solches Stadtviertel, obwohl sie selbst einst dort aufgewachsen ist.

Zara von Hardenberg ist die beste Profilerin bei Europol. Allein schon dieser Superlativ ist die Grundschwäche des zumindest im Handlungsaufbau anfangs noch spannenden Thrillers. Zara ist ein Superhirn, kann sich alles merken, erkennt alles auf den ersten Blick und besitzt sogar die Fähigkeit, Dinge vorauszuahnen. Diese übermenschlichen Talente kann sie allerdings nicht voll ausschöpfen, weil sie sich grundsätzlich an feste Regeln, an Recht und Gesetz hält. Als ein junges Mädchen bestialisch ermordet in der Felsenlandschaft Marseilles gefunden wird, spürt Zara natürlich sofort, dass dieses Verbrechen in eine Katastrophe führen wird. Der Leser fragt sich, warum und wieso? Bei der Aufklärung kann ihr nur die eigene Zwillingsschwester Zoë helfen, eine Berufskillerin der korsischen Mafia, die als charakterlicher Gegenpart zu Zara überhaupt keine Grenzen kennt.

Oetkers Thriller ist der gescheiterte Versuch, die tagespolitisch aktuellen Probleme Frankreichs – den IS-Terror und die gesellschaftlichen Probleme in den von Clans rigoros beherrschten Vorstädte – in einem Roman zu verarbeiten. Doch schon darin liegt das Manko des Thrillers: Diese Probleme sind so in der Geschichte Frankreichs verwurzelt, so komplex und vielschichtig, dass sie sich nicht in einen eher zur Unterhaltung gedachten Roman packen lassen. Diese Probleme sind viel tiefgehender und dramatischer, als dass sie als bloße Kulisse eines am Ende recht oberflächlichen Thrillers herhalten können.

Doch Oetkers Thriller hat leider auch andere Mängel, die einem das Lesen verleiden. Seine Hauptfiguren Zara und Zoë sind derart klischeehaft, zweidimensional wie Comic-Figuren, dass beide recht schnell unwirklich und dadurch unglaubwürdig wirken. Dadurch verliert der Roman an Spannung und verflacht zum Ende zunehmend. Schließlich sind die Guten wieder mal die Bösen und, ach ja, ein Happy End gibt es auch!

Auch sind simple handwerkliche Fehler zu bemängeln: So ist beispielsweise Lamine mal der Bruder der ermordeten Aiche und wenige Seiten weiter ihr Cousin. Oder: Die beiden Zwillungsschwestern Zara und Zoë leben seit Jahren in gegensätzlichen Welten. Beide haben sich seit Jahren nie gesehen und hatten keinen Kontakt. Doch als Zara die Hilfe ihrer Schwester braucht, schickt sie ihr mit dem Handy einen Hilferuf. Woher mag sie wohl die Handynummer haben?

Nach der Lektüre dieses ersten Bandes um Zara und Zoë werde ich auf den zweiten Band von Oetkers neuer Thrillerreihe nicht warten und hoffe doch lieber auf einen weiteren Band seiner tatsächlich unterhaltsamen, wenn auch seichteren Krimireihe mit Feinschmecker Luc Verlain.